Bütikofer bei Obama in Denver: "Alles ist perfekt inszeniert"
Jetzt ist es offiziell: Die Demokraten schicken mit Barack Obama zum ersten Mal in der Geschichte der USA einen schwarzen Politiker ins Rennen ums Präsidentenamt. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer berichtet vom Demokraten-Parteitag.
DENVER Jetzt ist es offiziell: Die Demokraten schicken mit Barack Obama zum ersten Mal in der Geschichte der USA einen schwarzen Politiker ins Rennen ums Präsidentenamt. In der Nacht zu Donnerstag gaben die Einzelstaaten nacheinander ihr Votum für Obama ab. Als New York dran kam, schlug Senatorin Hillary Clinton vor, die Wahl abzubrechen und Obama per Akklamation zu wählen. Die Delegierten brachen in Jubel und „Yes we can“-Rufe aus – und Barack Obama war nominiert. Unter den Beobachtern vor Ort ist auch Grünen-Chef Reinhard Bütikofer.
AZ: Herr Bütikofer, bei Ihnen ist es ja so laut, was machen Sie gerade?
REINHARD BÜTIKOFER: Ich bin gerade auf einem Abendempfang von Chet Culver, dem Gouverneur von Iowa. Ganz Denver steht Kopf, überall sind irgendwelche Empfänge. Davor habe ich mir natürlich die Reden von Bill Clinton und Joe Biden angehört.
Und, wie war’s?
Bill Clinton war sehr gut. Er hat zur Geschlossenheit aufgerufen, hat sich ernsthaft für Obama engagiert. Das ist bei den Delegierten mit großer Erleichterung aufgenommen worden, denn man erzählt sich ja, dass Clinton mit ihm so seine Probleme hatte. Noch viel besser als Bill fand ich persönlich aber Hillary Clinton. Dass sie den Wahlvorgang abbrechen ließ und zur Wahl per Akklamation aufrief, das war eine große symbolische Geste und sehr sehr wichtig für die Einigkeit der Demokraten.
Wie hat sich Joe Biden geschlagen?
Ich glaube, er könnte ein würdiger Vize werden. Obamas Schwäche ist vor allem die Außenpolitik, Biden hat seine Kompetenz auf diesem Gebiet eindrucksvoll demonstriert. Er hat McCain zum Beispiel bei den Themen Afghanistan oder Irak scharf angegriffen, das wurde stark bejubelt.
Es scheint ohnehin nur ums Jubeln zu gehen.
Natürlich ist die Atmosphäre im Plenum emotional extrem aufgeladen. Hier sind fast 50000 Menschen versammelt, es gibt Musik, die Parteiaktivisten schwenken ihre Schilder. Alles ist perfekt von der Regie durchinszeniert. Das kann man sich bei den Grünen nicht vorstellen, bei uns bestimmt die Basis die Regie des Parteitags. Aber es wäre falsch zu glauben, hier ginge es nicht um Inhalte.
Wo finden die statt?
Der Parteitag geht ja immer erst gegen Nachmittag los. Und tagsüber gibt’s unzählige Foren und Diskussionsveranstaltungen, wo die Delegierten stundenlang mit Politikern und Experten debattieren. Heute saß ich zum Beispiel drei Stunden in einem extrem spannenden Forum über Nahost-Politik mit John Kerry und dem Außenpolitik-Berater von Obama. Jede politische Kultur hat ihre Eigenheiten.
Kann Obama es schaffen?
Ich habe mit vielen Beobachtern in Denver gesprochen, und einer hat einen klugen Satz gesagt: Das hängt davon ab, an wem Obama von den Amerikanern gemessen wird. Wenn er an einem Idealbild seiner selbst, einer Art Super-Obama, gemessen wird, kann er verlieren. Wird er an McCain gemessen, dann kann er gewinnen. Wird er an Bush gemessen, dann wird er gewinnen.
Int.: Annette Zoch