Brot für die Tanks

Die Preisexplosion von Nahrungsmitteln wird zum immer größeren Thema. Uno- Chef Ban Ki Moon warnt bereits vor „Lebensmittelkriegen“ und einer „Kaskade von Krisen“.
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Hungerrevolten in Haiti: Diese Menschen haben gerade einen Markt in Port-au-Prince geplündert, nachdem die Lebensmittelpreise für viele unbezahlbar wurden.
ap Hungerrevolten in Haiti: Diese Menschen haben gerade einen Markt in Port-au-Prince geplündert, nachdem die Lebensmittelpreise für viele unbezahlbar wurden.

BERLIN - Die Preisexplosion von Nahrungsmitteln wird zum immer größeren Thema. Uno- Chef Ban Ki Moon warnt bereits vor „Lebensmittelkriegen“ und einer „Kaskade von Krisen“.

Im Fokus stand am Montag vor allem das Problem, dass der Biosprit der Industriestaaten die Armen hungern lässt. Erschreckende neue Zahlen zu diesem Thema präsentierten gemeinsam Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul und der Generaldirektor des International Food Policy Instituts in Washington, Joachim von Braun.

2007 habe Biosprit die Getreidepreise bereits um 25 Prozent verteuert, so Braun. „Die Welt konsumiert mehr, als sie produziert.“ Der zweite große Preistreiber sei derwachsende Hunger nach Fleisch und Milchprodukten in Asien – und damit der entsprechend enorme Futtermittelbedarf. Laut der Welternährungsorganisation Fao sind weltweit die Preise für Lebensmittel von März 2007 bis März 2008 um 57 Prozent gestiegen, bei Weizen sogar um 120 Prozent. Bei Reis betrug das Plus allein in den vergangenen zwei Monaten 75 Prozent. Und dieser Trend dürfte anhalten, fürchtet Experte von Braun: „Die Welt wird sich an höhere Lebensmittelpreise gewöhnen müssen.

20 Länder haben Exportstopps für Reis oder Weizen verhängt

Für die Ärmsten, die mit 50 Cent am Tag auskommen müssen, sieht es düster aus.“ Bereits 20 Länder haben Exportstopps für Reis oder Weizen verhängt - mit entsprechend drastischen Folgen für die Importeure. Laut Weltbank sind 33 Länder akut durch Unruhen oder Instabilität bedroht. Alarmiert zeigte sich die Entwicklungshilfe- Ministerin. Sie forderte einen Biosprit-Stopp: „Das Recht auf Nahrung wiegt schwerer als das Recht auf Mobilität.“

Der Einsatz von Getreide und Ölfrüchten für Agrartreibstoffe solle ausgesetztwerden, bis andere Technologien, etwa die Gewinnung aus Reststoffen, ausreichend zur Verfügung stehen. Das gleiche fordert der Bund Naturschutz. „Die dramatische Verknappung von Nahrungsmitteln mit der Folge von rasant steigenden Preisen und Hungerrevolten zwingt zum Handeln“, so Chef HubertWeiger. „Unsere Mobilität darf nicht auf Kosten der Armen gehen.“

Industriestaaten sollen Thema Biosprit überdenken

Das sehen die Armen auch so: „Wir glauben, dass die Industriestaaten das Thema Biosprit ernsthaft überdenken sollten, besonders die Subventionen dafür“, so Rajat Nag, Direktor der Asiatischen Entwicklungsbank. „Die Produktion von Biosprit zerstört Wälder und reduziert die Flächen, die für den Anbau von Nahrung zur Verfügung stehen.“ Das Reizwort Subventionen spielt auch bei der deutschen Debatte eine immer größere Rolle. „Wir produzieren im Norden Überschüsse und schicken diese dann zu billigen subventionierten Preisen in die Entwicklungsländer, was die Märkte vor Ort und die Existenz vieler Kleinbauern zerstört“, so Ingeborg Schäuble, Chefin der Welthungerhilfe.

Naturschutz- Chef Weiger findet dies besonders krass bei Fleisch. „Wir importieren pro Jahr 35 Millionen Tonnen Futtermittel für Nutztiere, und subventionieren mit Milliarden den Export ihres Fleisches in andere Länder.“ Und genau das räche sich jetzt – weil viele Kleinbauern vor Ort deswegen längst aufgegeben haben. Immerhin: Merkel will das Lebensmittelkrisen-Thema in Deutschland nun zur Chefsache machen. Regierungssprecher Steg teiltemit, sie habe eine Arbeitsgruppe aus verschiedenen Ministerien zusammengestellt. Diese sollen bis Sommer einen Plan erarbeiten, was Deutschland auf nationaler und internationaler Ebene tun kann. tan

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