Bricht die AfD auseinander?

Nach einem Streit um Antisemitismus-Vorwürfe in der baden-württembergischen Landtagsfraktion spricht vieles dafür. Das gesamte Spitzenpersonal wendet sich inzwischen gegen Parteichefin Petry
Martin Ferber |
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Alle gegen Frauke Petry (v.l.): Die AfD-Co-Vorsitzenden Alexander Gauland und Jörg Meuthen sägen am Stuhl ihrer Parteichefin.
Alle gegen Frauke Petry (v.l.): Die AfD-Co-Vorsitzenden Alexander Gauland und Jörg Meuthen sägen am Stuhl ihrer Parteichefin.

Stuttgart/Berlin Es wird einsam um Frauke Petry. Geschlossen rückt die Spitze der AfD von ihrer Vorsitzenden ab und geht in scharfer Form auf Distanz zu ihr. Die 41-jährige Sächsin, die vor gerade einmal einem Jahr noch frenetisch gefeiert wurde, als sie den bisherigen Parteichef Bernd Lucke stürzte und an seiner Stelle die Führung in der rechtspopulistischen Partei übernahm, hat mittlerweile alle Führungsmitglieder gegen sich aufgebracht. Und nach den Chaostagen in Stuttgart  schreitet ihr Autoritätsverlust weiter voran.

Den Ton gab am Mittwoch Petrys Stellvertreter Alexander Gauland vor, der schon seit längerem zusammen mit dem Baden-Württemberger Jörg Meuthen und dem Thüringer Björn Hocke das eigentliche Machtzentrum der AfD bildet.

Offen attackierte der Chef der AfD-Fraktion im brandenburgischen Landtag die Vorsitzende und kritisierte, dass sie sich von außen in die inneren Angelegenheiten des baden-württembergischen Landesverbandes eingemischt habe. Nichts sei der AfD „so heilig wie ihre föderale Struktur“.

Zudem sei Petry unangemeldet und ohne Rücksprache nach Stuttgart gereist, wo sie sich auch nicht mit ihrem Co-Vorsitzenden Jörg Meuthen getroffen habe, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Vergeblich hatte Meuthen sogar versucht, Petry ein Hausverbot in den Räumen des Landtages zu erteilen.

Petry sei "inhaltsleer" und "intrigant"

Dass die AfD-Spitze heillos zerstritten und in zwei Lager gespalten ist, ist schon seit längerem kein Geheimnis. Frauke Petry, die ursprünglich aus der Auseinandersetzung mit AfD-Gründer Bernd Lucke gestärkt hervorging, gilt inzwischen im Bundesvorstand als weitgehend isoliert.

Sie sei „inhaltsleer“ und „intrigant", heißt es in Parteikreisen, es fehle ihr sowohl an den menschlichen wie an den politischen Fähigkeiten, die Partei zu führen, sondern sie versuche, sich auf Kosten anderer zu profilieren. So hat sich Petry von der Berliner Parteizentrale unabhängig gemacht und einen eigenen Machtapparat in der AfD-Fraktion im sächsischen Landtag aufgebaut, die Zusammenarbeit mit dem AfD-Pressesprecher hat sie eingestellt, stattdessen heuerte sie einen eigenen Sprecher an.

Indirekt bestätigte Alexander Gauland, der zu den schärfsten Kritikern Petrys gehört, gestern die Zerwürfnisse. In der Sache Gedeon sei die AfD-Spitze „nicht geschlossen“ aufgetreten, die Sachfrage des Umgangs der Partei mit Antisemitismus sei für „Machtspiele“ instrumentalisiert worden. „Da hat es einige Leute gegeben, die wollten Jörg Meuthen beschädigen“, sagte Gauland im ZDF – ohne Petry beim Namen zu nennen. So habe Meuthen von Anfang an eine „konsequente Haltung“ gegenüber Gedeon eingenommen, „die wir alle schon früher hätten einnehmen sollen“.

Andere in der Partei wurden noch deutlicher. Petry habe die Auseinandersetzung Meuthens mit Gedeon genutzt, um ihren Co-Vorsitzenden so zu schwächen, dass er nicht als Spitzenkandidat für die Bundestagswahl infrage käme.

Dabei hatte Meuthen erst vor Kurzem erklärt, fünf Jahre im Stuttgarter Landtag bleiben zu wollen. Im Gegenzug hatten sich Meuthen, Gauland und Höcke jüngst in Berlin getroffen, um Petrys Spitzenkandidatur zu verhindern, da Petry „charakterlich ungeeignet“ sei.

Stattdessen brachte Meuthen die 37-jährige Ökonomin Alice Weidel ins Gespräch – ein klarer Affront gegen Petry. Martin Ferber

 Chaos in der Stuttgarter AfD: Der Fall Gedeon

Es ist der bislang kaum bekannte baden-württembergische AfD-Abgeordnete Wolfgang Gedeon, der für Bruch in seiner Partei hauptverantwortlich ist. Der frühere Arzt steht wegen seiner umstrittenen Bücher als Antisemit in der Kritik.

Erst nach Druck von außen drängte der AfD-Co-Chef und Vorsitzende der baden-württembergischen AfD-Faktion, Jörg Meuthen, auf einen Ausschluss Gedeons. Doch die nötige Zweidrittelmehrheit kam nicht zustande. Neun der 22 AfD-Abgeordneten stimmten gegen einen Rauswurf. Diese hätten einen Antisemiten in ihren Reihen geduldet, kritisierte Meuthen am Dienstag und verließ mit zwölf AfD-Parlamentariern die Fraktion.

Zwar erklärte Gedeon wenig später nach einem Gespräch mit Parteichefin Frauke Petry seinen Rücktritt, die Fraktion bleibt aber gespalten. Denn Meuthen und seine Mitstreiter haben gestern eine neue Fraktion mit dem Namen Alternative für Baden-Württemberg gegründet. Diese sei bei der Landtagsverwaltung angemeldet worden, die ihm eine schnelle juristische Prüfung zugesagt habe, sagte er. Diese Rest-AfD sei nun die „wahre AfD“, betonte Petry.

Zuvor allerdings versuchte sie, die Fraktion wieder zu einen, was Meuthen strikt ablehnte.

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