Breivik hätte vielleicht gestoppt werden können
Einige Monate vor dem Massaker in Norwegen, ist der Massenmörder auf einer deutschen Autobahn mit Waffen erwischt worden. Der Hinweis darauf geht auf dem Behördenweg einfach verloren.
München - Im Sommer 2011 richtete Anders Behring Breivik auf einer norwegischen Ferieninsel ein Massaker mit 77 Toten an.
Hätte man seine Entwicklung zum Massenmörder vorhersehen müssen? Ein Hinweis auf seine Gefährlichkeit soll wenige Monate zuvor auf dem Behördenweg von Deutschland nach Norwegen untergegangen sein.
Die mutmaßliche Panne bei der Zusammenarbeit der Polizei auf europäischer Ebene ist Teil der TV-Dokumentation „Waffen für den Terror“, die am Dienstag, 4. Januar, (arte, 21.10 Uhr) ausgestrahlt wird.
Das BKA will sich zu der angeblichen Kontrolle nicht äußern
Filmemacher Daniel Harrich ist bei den Recherchen auf die Breivik-Spur gestoßen. „Mir wurde der Vorgang zweimal unabhängig voneinander bestätigt“, erklärte Harrich der AZ. Danach geriet Breivik wenige Monate vor dem Attentat auf der Autobahn bei Wetzlar in eine Polizeikontrolle. In seinem Fahrzeug seien Munition und Waffenteile sichergestellt, er selbst vernommen worden. „Die Information“, so Harrich, „wurde nicht wie vorgesehen an die norwegische Polizei weitergeleitet.“ Eine Sprecherin des Bundeskriminalamtes (BKA), das für diese Art von Informationsaustausch auf europäischer Ebene zuständig wäre, wollte sich mit Hinweis auf mögliche Persönlichkeitsrechts-Verletzungen grundsätzlich nicht zu einem personifizierten Einzelfall äußern. Im Polizeipräsidium Mittelhessen, das örtlich für die Kontrolle Breiviks zuständig gewesen wäre, sieht die Informationslage nicht besser aus. „Ich kann nicht feststellen, dass eine derartige Kontrolle bei uns stattgefunden hat, kann es aber auch nicht ausschließen“, erklärte ein Behördensprecher mit Hinweis darauf, dass derartige Kontrollen von einer Vielzahl von Polizei- und Zollbehörden durchgeführt werden könnten, auch von Beamten aus anderen Bundesländern. Für den investigativen Filmemacher Daniel Harrich ist fehlende Kommunikation und Kooperation der europäischen Sicherheitsbehörden ein generelles Problem: „Das hat sich auch bei den Pariser Anschlägen gezeigt, als ein Hinweis, von wem auch immer, nicht ernst genommen wurde.“
Viele illegale Waffen kommen aus Bosnien-Herzegowina
Wenige Tage vor den Anschlägen in der französischen Hauptstadt wurde auf der Autobahn ein Mann (51) aus Montenegro festgenommen, der acht Kalaschnikows, Handgranaten und Sprengstoff mit sich führte und auf dem Weg nach Paris war. Filmemacher Harrich: „Auch diese Nachricht kam offenbar nicht an der richtigen Stelle an.“ Unzulängliche Zusammenarbeit der europäischen Behörden ist nach den Erkenntnissen Harrichs, der weltweit den Spuren deutscher Waffen nachgeht, auch dafür verantwortlich, dass ein systematischer Kriegswaffenhandel auch in Europa bestehe. „Bosnien-Herzegowina ist das Herkunftsland vieler illegaler Waffen, die nahezu ungehindert in die Hände von Terroristen und anderen Kriminellen gelangen“, beschreibt Harrich das Ergebnis seiner Recherchen. Für ihn ist klar, dass die Spur der Waffen, die bei den Anschlägen der jüngeren Vergangenheit eingesetzt wurden, immer wieder nach Brüssel führt, und von dort zurück auf den Balkan. „Diese Verbindung“, so Harrich, „besteht seit den Balkankriegen in den 90er Jahren.“
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