Brände in Russland: Die Atomare Gefahr

MOSKAU - Die Lage in Russland bleibt angespannt:Die Feuerwalze nimmt immer wieder Kurs auf russische Atomanlagen. Experten befürchten, dass die Waldbrände radioaktiv verseuchte Böden aufwirbeln und das Strahlengift in andere Regionen tragen.
Die bedrohlichen Meldungen aus dem von Wald- und Torfbränden gebeutelten Russland reißen nicht ab: Moskau keucht unter einer giftigen Rauchwolke. Und immer wieder kommt das Feuer den Atomanlagen des Landes und radioaktiv verseuchten Gebieten gefährlich nahe. Tausende Einsatzkräfte kämpfen dagegen an. Am Dienstag war das Feuer zwischenzeitlich nur noch 80 Kilometer entfernt vom atomaren Wiederaufbereitungszentrum Majak im Südural, 1500 Kilometer östlich von Moskau.
In der an Majak angrenzenden Stadt Osersk dürfen die Bewohner nicht mehr in den Stadtparks und umliegenden Wäldern picknicken, es gilt der Ausnahmezustand. Die Gefahr geht von unten aus: Der Boden um die Atomanlage ist kontaminiert seit 1957 ein unterirdischer Tank mit hoch radioaktiven Abfällen explodierte. Experten befürchten, dass die Waldbrände radioaktiv verseuchte Böden aufwirbeln und das Strahlengift in andere Regionen tragen. Bürgermeister Viktor Trofimtschuk kündigte weitere Maßnahmen an. Entwarnung gab es am Nachmittag: Die Brände in der Nähe der Anlage sind gelöscht, sagte Irina Andrianow vom Zivilschutzministeriums.
Majak gilt nach Einschätzung von Greenpeace bis heute als der größte radioaktiv belastete Ort und damit als eines der gefährlichsten Gebiete der Welt, wie Sprecher Christoph von Lieven der „Neuen Presse“ sagte. Der russische Atomkonzern Rosatom warnte vor Panikmache. „Es gibt derzeit keine Gefahr für die Stadt oder die Anlage“, sagte Sprecher Sergej Nowikow.
Zuvor war bereits ein Feuer am Kernforschungszentrum Sneschinsk nahe Tscheljabinsk im Ural gelöscht worden. Die Einsatzkräfte blieben aber in der Region, um die Lage zu überwachen, meldete der Zivilschutz.
Am Montag loderten im Land noch mehr als 550 Feuer auf einer Fläche von 1700 Quadratkilometern, wie das Zivilschutzministerium gestern mitteilte. Darunter befänden sich knapp 70 Großbrände. Bislang hat die Feuerwalze 54 Menschenleben gefordert, die Zahl könnte weiter steigen.
Auch finanziell bedeuten die von Jahrhundert-Hitze und schwerer Dürre begleiteten Waldbrände ein Desaster für Russland: Schon jetzt soll der Schaden elf Milliarden Euro betragen, wie russische Medien berichten. Von der Regierung gibt es dazu noch keine offizielle Schätzung.