Boykott bei Rückkehr zur Routine

Überschattet von der Kredit- und Medienaffäre hat Christian Wulff  verdiente Bürger, Vertreter des öffentlichen Lebens und das Bundeskabinett begrüßt.
von  dapd
Während des Neujahrsempfangs im Schloss Bellevue in Berlin stellen sich am Donnerstag (12.01.2012) Wirtschaftsminister Phillip Rösler (l-r, FDP), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bettina Wulff, Bundespräsident Christian Wulff, Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU), Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU), Integrationsbeauftragte Maria Böhmer (CDU) und Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) zu einem Gruppenfoto auf.
Während des Neujahrsempfangs im Schloss Bellevue in Berlin stellen sich am Donnerstag (12.01.2012) Wirtschaftsminister Phillip Rösler (l-r, FDP), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bettina Wulff, Bundespräsident Christian Wulff, Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU), Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU), Integrationsbeauftragte Maria Böhmer (CDU) und Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) zu einem Gruppenfoto auf. © dpa

Überschattet von der Kredit- und Medienaffäre hat Bundespräsident Christian Wulff am Donnerstag verdiente Bürger, Vertreter des öffentlichen Lebens und das Bundeskabinett im Schloss Bellevue begrüßt.

Berlin - Aus Protest gegen eine vom Bundespräsidenten versprochene und nicht eingehaltene Transparenz sagten sowohl Transparency International als auch der Deutsche Journalisten-Verband ihre Teilnahme am Neujahrsempfang ab. Der traditionelle Empfang des Staatsoberhauptes zu Beginn eines Jahres war die erste öffentliche Begegnung von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Wulff seit Beginn der Affäre Mitte Dezember. In den vergangenen Tagen hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mehrfach hinter den angeschlagenen Bundespräsidenten gestellt und ihm ihre „Wertschätzung“ versichert.

Zu einem Vier-Augen-Gespräch kam es am Donnerstag nicht. Nach dem offiziellen Empfang mischte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel unter die Bürger. Den Auftakt des mehrstündigen Defilees machte Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Auch Spitzenvertreter des Bundestages wie Parlamentschef Norbert Lammert und mehrere Vizepräsidenten, der bayerische Regierungschef Horst Seehofer als Bundesratspräsident, Vertreter der Länder wie der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck und der Parteien folgten der Einladung. Die Vorsitzenden von SPD und Grünen waren wegen Klausurtagungen nicht dabei. Die Absagen seien bereits weit vor Beginn der Affäre erfolgt, hieß es bei beiden Parteien.

Ausdrücklich unter Verweis auf Wulffs Intransparenz verzichtete die Vorsitzende der Antikorruptionsorganisation Transparency International, Edda Müller, auf eine Teilnahme. „Im Moment hat man den Eindruck, dass er auf das Vergessen der Leute spekuliert“, sagte sie im ZDF-„Morgenmagazin“ und fügte an: „Das ist für mich und unsere Organisation unerträglich“. Eine Demutsgeste in der Öffentlichkeit zu signalisieren und dann zur Tagesordnung überzugehen, sei kein Verhalten, das der Würde des Amtes gemäß sei. Überraschend sagte auch der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Michael Konken, seine Teilnahme am Neujahrsempfang ab. Damit protestiere er gegen die „Desinformationspolitik des deutschen Staatsoberhaupts“, teilte Konken in Berlin mit. Nach DJV-Angaben ist es das erste Mal, dass der Verbandsvorsitzende den traditionellen Neujahrsempfang beim Bundespräsidenten boykottiert.

CDU-Bundesvorstandsmitglied Armin Laschet hat Wulff unterdessen zum aktiven Handeln aufgefordert. Wulffs Anwalt sollte endlich „volle Transparenz“ herstellen, sagte der nordrhein-westfälische CDU-Landesvize im WDR-Hörfunk. Wenn dies nicht geschieht, werde die Debatte um Wulff weitergehen. Entgegen Wulffs Ankündigung in einem TV-Interview weigert sich der Anwalt des Bundespräsidenten, die Fragen und Antworten zu der Kredit- und Medienaffäre des Staatsoberhauptes zu veröffentlichen. Dafür führte er rechtliche Gründe an. Mehrere Medien kündigten derweil an, auf ihr Recht am eigenen Wort keinen Gebrauch machen zu wollen.

Die „Bild“-Zeitung erlaubte dem Anwalt von Wulff die Veröffentlichung ihrer Anfragen zur Kreditaffäre, wie der stellvertretende Sprecher des Axel Springer Verlags, Tobias Fröhlich, der Nachrichtenagentur dapd sagte. Die „Berliner Zeitung“ und die „Frankfurter Rundschau“ wollen nach eigenen Angaben den Anwalt ebenfalls von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ stellte es dem Anwalt ebenfalls frei, den Schriftwechsel zu veröffentlichen.

 

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