Bosbach hört auf: Abschied eines Unbequemen

Wolfgang Bosbach (CDU) hat immer gewusst, wie der Wähler denkt. Seinen Anhängern gilt er als aufrechter Rebell, manchem Parteifreund als Nervensäge. Jetzt kündigt er seinen Rückzug an.
Uta Winkhaus, Claus Haffert |
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Wolfgang Bosbach, einer der beliebtesten Politiker in Deutschland, hat genug. Zum Ende der Wahlperiode ist Schluss für ihn.
dpa Wolfgang Bosbach, einer der beliebtesten Politiker in Deutschland, hat genug. Zum Ende der Wahlperiode ist Schluss für ihn.

München - Politiker wie Wolfgang Bosbach sind selten geworden in Deutschland. Seit 44 Jahren ist er in der CDU, seit 22 Jahren im Bundestag. Neun Jahre war er dort stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Man kann ihn nachts um zwei Uhr wecken und eigentlich zu jedem Thema eine Frage stellen. Er gibt eine Antwort darauf. Der 64-Jährige ist präsent. Und er ist unbequem.

Doch jetzt hat Bosbach angekündigt, sich zum Ende der Wahlperiode im Herbst 2017 aus der Politik zurückzuziehen. Der schlagfertige Mann aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis vor den Toren Kölns geht nicht ohne Bitterkeit. Er habe in den vergangenen Monaten gemerkt, wie schnell man in die rechte Ecke gestellt wird, wenn man nur auf nüchterne Tatsachen hinweise.

„Das möchte ich nicht mehr“, sagte Bosbach gestern im WDR-Radio. Gemeint ist damit vor allem seine Kritik an der Flüchtlingspolitik von Parteichefin und Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Der CDU-Innenexperte gehört zu den bekanntesten Gesichtern der Politik. Und er erklärt seine Positionen gern öffentlich. In Talkshows ist er regelmäßiger Gast. Wolfgang Bosbach redet auch in hitzigen Diskussionen druckreif, formuliert komplizierte Sachverhalte eingängig und pointiert.

In der Flüchtlingspolitik stellt sich Bosbach an die Seite der CSU

Doch beim CDU-Establishment hat er sich eher wenig Freunde gemacht. 2005 wäre er gern Innenminister geworden. Dass er es nicht wurde, galt vielen schon damals als Signal. Immer wieder hat Bosbach mit Kritik am Kurs seiner Partei für Schlagzeilen gesorgt.

Die Rettungspolitik für Griechenland verurteilte er als großen Fehler, als Konsequenz legte der Jurist im Juli 2015 gar den Vorsitz im Innenausschuss des Bundestages nieder.

Nicht er habe sich geändert, die CDU sei vom Kurs abgekommen, wirft Bosbach der Parteiführung vor. „In keiner einzigen Frage vertrete ich eine Meinung, die nicht auch einmal die Meinung der CDU war“, sagte er dem WDR. Über mangelnde Unterstützung für seine Positionen an der Parteibasis könne er sich nicht beklagen.

Vor allem die Flüchtlingspolitik von Merkel hat er zuletzt angeprangert, lautstark ein Umdenken gefordert, sich an die Seite der CSU gestellt. In den Medien wird er gern als „Rebell“, „Abweichler“ oder „Querdenker“ tituliert; in der Unionsfraktion halten ihn viele eher für eine Nervensäge.

Vor vier Jahren hat Bosbach, Vater von drei erwachsenen Töchtern, öffentlich gemacht, dass er an Krebs erkrankt ist und Herzprobleme hat. Im Juli stürzte er auf Mallorca in einen Gullyschacht. Doch kurz darauf war er schon wieder im Talkshow-Einsatz. Seine Rückzugsankündigung begründet er auch mit seinem Gesundheitszustand.

Bosbach war es immer wichtig, ein Leben parallel zur Politik zu haben. In den 70ern war er erst Supermarktleiter, holte später das Abitur nach, studierte Jura, arbeitete als Rechtsanwalt.

Er kennt die Menschen an der Basis, ist fest verwurzelt im Bergischen. Er ist engagiert in der Hospizbewegung – und er liebt den Karneval. Jetzt bereitet sich Bosbach auf eine neue Etappe vor. Dafür dürfte er gerüstet sein. Erst kürzlich hat er an einer Podiumsdiskussion zum Thema „LebensFreudePlus – Auf ins Leben ab 55!“ teilgenommen.

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