Bosbach (CDU): "Die Zweifel sind berechtigt"
AZ: Herr Bosbach, hat die CDU-Basis das Vertrauen in ihre Chefin verloren?
Wolfgang Bosbach: Nach wie vor genießt Bundeskanzlerin Angela Merkel an der Parteibasis große Sympathie, und 90 Prozent aller Regierungschefs wären glücklich, wenn sie so hohe Zustimmungswerte hätten. Dennoch: Immer mehr zweifeln daran, dass wir es angesichts des anhaltenden Zustroms von Flüchtlingen tatsächlich schaffen, für geregelte Aufnahmeverfahren, eine ordentliche Unterbringung und erfolgreiche Integration zu sorgen. Die Zweifel werden von Tag zu Tag größer und sind berechtigt.
In dem Brandbrief wird Merkel vorgeworfen, die Grundsätze der Partei zu missachten und das Recht zu brechen. Tut sie das? Leider lässt sich nicht bestreiten, dass das sogenannte „Dublin-Verfahren“ nur noch in der Theorie funktioniert, faktisch hat es kaum noch Bedeutung. Die Kritik sollte man allerdings an Brüssel adressieren. Die EU ist schon seit Jahren nicht in der Lage, dafür zu sorgen, dass die vereinbarten asylrechtlichen Mindeststandards von allen 28 Staaten konsequent eingehalten werden.
Lesen Sie hier: Die Basis rebelliert - Brandbrief an Merkel
Droht die CDU nun in zwei Lager – in Merkel-Befürworter und in Merkel-Gegner – zu zerbrechen?
Ist man wirklich ein „Merkel-Gegner“, wenn man bezweifelt, dass es Deutschland angesichts des anhaltenden Zustroms von Flüchtlingen tatsächlich schafft? Ich werfe mich für Bundeskanzlerin Angela Merkel in jede Schlacht, und trotzdem sage ich: Wenn es keine Kurskorrektur gibt, wird die Lage noch schwieriger, die Kommunen noch mehr überfordert, als sie es ohnehin schon sind, und die Probleme mit der Integration in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt noch größer.
- Themen:
- CDU
- Europäische Union
- Wolfgang Bosbach