Boom-Partei Grüne verlieren an Zustimmung im Volk
Der Höhenflug der letzten Wochen bricht ausgerechnet nach den Castor-Protesten. Union legt zu und die FDP wäre wieder im Bundestag. Bayern will dem Bund Castor-Kosten aufbürden.
BERLIN So war das nicht geplant. Die Castorproteste waren ein Medienereignis erster Güte – wie gemacht als Treibstoff für den weiteren Aufstieg der Grünen –, doch die Boom-Partei der letzten Wochen verliert an Zustimmung im Volk. Niedersachsen versucht derweil, einen Teil der Kosten für den Einsatz auf den Bund umzuschichten – mit Unterstützung aus Bayern.
Parteichefin Claudia Roth setzte sich für die Fotografen zu den Blockierern, Fraktionschef Jürgen Trittin fuhr Traktor im Wendland, auch Parteichef Cem Özdemir ließ sich den Aufritt in Gorleben nicht entgehen. Der Atom-Ausstieg, das Leib- und Magenthema der Grünen, versprach neue Zustimmungswellen. Doch davon ist in der jüngsten Forsa-Umfrage nichts zu sehen. Im Gegenteil. Die Grünen verlieren bei der Zustimmung einen Prozentpunkt. Sie rangieren jetzt mit 23 Prozent gleichauf mit der SPD. Die liegt seit fünf Wochen auf diesem Wert.
Erstmals seit sieben Wochen hat Rot-Grün keine eigene Mehrheit mehr. Die Union legt demnach zwei Prozentpunkte auf 32 Prozent zu, die FDP gewinnt einen und wäre mit fünf Prozent wieder im Bundestag.
Forsa-Chef Güllner hat für den grünen Popularitätsknick eine Begründung: Gorleben. „Der harte Kern der Grünen, die jetzt gegen den Castor demonstriert haben, verschreckt viele Wähler der Mitte“, sagt der Demoskop dem „Stern“. In die bürgerlichen Schichten waren die Grünen in den letzten Wochen eingedrungen. Das Bild einer „seriösen, staatstragenden Partei wird unterminiert“, sagt Güllner.
Unterdessen erneuert Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) seine Forderung, die 25 Millionen Kosten für den Einsatz im Wendland müssten vom Bund übernommen werden. „Castor-Transporte sind eine nationale Aufgabe“, sagt Schünemann. Von seinem Parteifreund Wolfgang Bosbach fing er sich eine Abfuhr ein: „Wir können nicht alle Lasten beim Bund abladen“, sagte der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sprang Schünemann bei. Der Bund erhalte „erhebliche Mehreinnahmen durch die Brennelementesteuer“. Die Beteiligung des Bundes sei plausibel.
Keine Unterstützung aus dem Süden erhält Niedersachsen für die Forderung, neben Gorleben auch noch andere Standorte für das Endlager zu suchen. Die hessische CDU/FDP-Regierung will keine Castoren am Standort Biblis. mm.