"Böswillige Unterstellung": CDU-Politikerin Christina Stumpp über Friedrich Merz, Frauen und die AfD

Junge Frauen haben es in der CDU schwer, so das Klischee. Stimmt nicht, sagt Christina Stumpp. Die 35-Jährige ist seit September 2022 die stellvertretende Generalsekretärin der Partei. Seit ihrem Amtsantritt sei die Union jünger und weiblicher geworden.
Doch wie kommt Partei-Boss Friedrich bei den Frauen an? Darüber, über die Auseinandersetzung mit der AfD und wie das Verhältnis zur Schwester-Partei CSU sowie deren Chef Markus Söder ist, hat Christina Stumpp mit der AZ gesprochen.
AZ: Frau Stumpp, vermutlich werden Sie das öfter gefragt: Sind Sie die Vorzeige-Frau von Friedrich Merz bei der CDU?
STUMPP: Wir haben in der CDU viele sehr gute, qualifizierte und engagierte Frauen – und gemeinsam arbeiten wir jeden Tag daran, dass es noch mehr werden. Hier liegt auch ein besonderer Fokus meiner politischen Arbeit.
Kommt Friedrich Merz bei Frauen schlecht an? "Eine böswillige Unterstellung", findet Christina Stumpp
Dennoch: Warum haben Sie Ihren Hut nicht in den Ring geworfen, Nachfolgerin von Generalsekretär Czaja zu werden?
Als stellvertretende Generalsekretärin arbeite ich seit Monaten intensiv mit an der inhaltlichen und programmatischen Neuausrichtung unserer CDU. Einen besonderen Schwerpunkt lege ich dabei auf unsere kommunale Ebene. Diese Aufgabe erfüllt mich durch und durch und ich konnte auch schon eine Menge bewegen. Unter anderem habe ich im vergangenen Jahr das Kommunalbüro gegründet und aufgebaut, das unsere kommunalen Funktions- und Mandatsträger mit unterschiedlichen Serviceangeboten bei ihrer politischen Arbeit unterstützt.

Hier werden wir auch bei den anstehenden Kommunalwahlen in den acht Bundesländern eine tragende Rolle spielen. Darüber hinaus bin ich auch direkt gewählte Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Waiblingen und Mutter eines dreijährigen Sohnes. Für mich ist es wichtig, alles unter einen Hut zu bekommen und der Verantwortung jeder einzelnen Rolle gerecht zu werden. Das gelingt mir in der jetzigen Konstellation am besten. Auch hat mir Friedrich Merz jegliche Unterstützung zugesagt und das funktioniert seit eineinhalb Jahren sehr gut.
Wie erklären Sie sich dennoch, dass Friedrich Merz bei vielen Frauen nicht gut ankommt?
Das ist eine böswillige Unterstellung, die ich persönlich überhaupt nicht nachvollziehen kann. Ich begegne jeden Tag vielen Frauen mit unterschiedlichsten Backgrounds, die Friedrich Merz sehr sympathisch finden und seine Arbeit unterstützen. Auch setzt er sich persönlich sehr dafür ein, die Rahmenbedingungen für Frauen und Familien insgesamt zu verbessern – und das nicht nur beim Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Kampf gegen die AfD: "Müssen wieder stärker herausarbeiten, was CDU pur ist"
Was hat sich denn für Frauen in der CDU seit Ihrem und seinem Amtsantritt verändert?
Wir sind auf jeden Fall jünger und weiblicher geworden. Im Präsidium sind drei von sieben Mitgliedern Frauen, unter anderem Ronja Kemmer, die ebenfalls eine junge Mutter ist. Im Bundesvorstand sind elf Frauen unter den 26 Mitgliedern. Außerdem haben wir überdurchschnittlich hohe Parteieintritte von Frauen, nämlich 31 Prozent seit Jahresbeginn.
Auf kommunaler Ebene werden wir im zweiten Halbjahr ein Netzwerk für Frauen (Woman@cdu) bilden. Auch haben wir auf dem letzten Bundesparteitag beispielsweise beschlossen, digitale Sitzungen anzubieten und die Sitzungen mit Beginn- und Endzeiten zu begrenzen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern – nicht nur für Familien, sondern beispielsweise auch für pflegende Angehörige. All das zeigt, dass wir auf einem guten Weg sind.
Die AfD hat enormen Zulauf. Warum gelingt es der CDU bei all der Unzufriedenheit über die Ampel nicht, mehr Wähler zu gewinnen?
Es geht jetzt darum, wieder stärker herauszuarbeiten, was CDU pur ist. Ein wesentlicher Baustein dafür ist unser Grundsatzprogramm, das wir mit Hochdruck vorantreiben und im Mai 2024 vorstellen werden. Auch haben wir mit der CSU in einem gemeinsamen Papier, unserer Agenda für Deutschland, erst kürzlich zehn Punkte erarbeitet, die den Nerv der Bevölkerung treffen.
Zum Beispiel ab der 40. Arbeitsstunde steuerfrei hinzuverdienen zu können. Dann müssten die Menschen keinen zusätzlichen Mini-Job annehmen, sondern könnten im Betrieb bleiben, was nicht zuletzt die Produktivität unserer Wirtschaft steigern würde. Gleiches gilt für Rentner, die arbeiten wollen – das sollte bis zu einem Betrag von 2000 Euro steuerfrei möglich sein. Leistung muss sich wieder lohnen! Dafür brauchen vor allem die Fleißigen in unserem Land wieder eine starke Stimme.
Shitstorm gegen Friedrich Merz nach AfD-Äußerungen: "Hat mich ziemlich befremdet"
Um die Zusammenarbeit mit der AfD gab es in der CDU nach dem Sommerinterview von Friedrich Merz viele Diskussionen. Sie sind ja an der kommunalen Ebene ganz nah dran. Wie darf man den Parteitagsbeschluss genau verstehen?
Die Beschlusslage gilt. Für uns als CDU ist klar: keine Zusammenarbeit mit der AfD, egal auf welcher Ebene. Wir können, wollen und werden nicht mit einer Partei zusammenarbeiten, deren Geschäftsmodell Hass, Spaltung und Ausgrenzung ist. Das ist auch die klare Haltung von Friedrich Merz, wenngleich er zu Recht auf die schwierige Umsetzung vor Ort hinweist.
Also einen Antrag nicht gemeinsam erarbeiten ist Ihr Punkt – und wenn die AfD einen Antrag stellt, darf die CDU dem zustimmen?
Wir bringen unsere eigenen Anträge ein und werben dafür um Zustimmung in der demokratischen Mitte. Wichtig ist, dass die Kommunen handlungsfähig bleiben und wir uns um die konkreten Sorgen der Bürgerinnen und Bürger vor Ort kümmern.
Herr Merz hat sehr viel Gegenwind auch innerhalb der CDU für seine Äußerung bekommen. Hat Sie das überrascht?
Offen gestanden – ja. Und mich hat der Shitstorm – teilweise sogar aus den eigenen Reihen – gegen unseren Vorsitzenden ziemlich befremdet. Die meisten Parteifreunde, die sich dazu am Sonntagabend geäußert haben, hätten Friedrich Merz auch einfach anrufen können. Solche Debatten öffentlich über Twitter zu führen, schadet nur der CDU.
Koalition zwischen der CSU und den Grünen in Bayern? "Im Bund sind die Grünen deutlich ideologischer unterwegs"
Markus Söder hat sich ebenfalls ganz klar abgegrenzt. Wie ist das Verhältnis zwischen CDU und CSU aus Ihrer Sicht im Moment?
Das Zusammenspiel zwischen CDU und CSU klappt sehr gut. Die Zusammenarbeit ist so vertrauensvoll und geschlossen wie lange nicht. Auch als Baden-Württembergerin stehe ich persönlich den Bayern sehr nahe. Wir werden die CSU im Landtagswahlkampf tatkräftig unterstützen.

Für die CSU ist schwarz-grün in Bayern noch ein völliges Tabu. Die CDU hat mit den Grünen schon diverse Erfahrungen. Was halten Sie von dieser Regierungsoption?
Das hängt von verschiedenen Faktoren ab. Es lässt sich aber nicht bestreiten, dass wir als CDU in einigen Bundesländern – darunter auch Baden-Württemberg – gut mit den Grünen zusammen regieren. Auf Bundesebene ist das sicherlich etwas anderes, da die Grünen hier deutlich ideologischer unterwegs sind. Mit Blick auf Bayern will ich mich nicht einmischen.
Wenn es soweit ist, können sich die Bürgerinnen und Bürger darauf verlassen, dass unsere Schwesterpartei eine gute Entscheidung für ein starkes Bayern treffen wird. Unser Ziel ist immer, das Beste für das Land und insbesondere für die Bürgerinnen und Bürger zu erreichen.