Blitzvisite in Kabul: Obama steht zu Abzugsplan
Kabul/Washington - Gemeinsam mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai unterzeichnete er ein Abkommen über die strategische Partnerschaft der Länder nach dem geplanten Abzug der internationalen Truppen 2014.
Ferner versprach Obama seinen Bürgern in einer TV-Ansprache aus Bagram, den Zeitplan für die Heimkehr der US-Soldaten einzuhalten. "Wir haben einen klaren Pfad, unsere Mission zu erfüllen", sagte er. Die Visite, die bis zuletzt streng geheim war, erfolgte exakt ein Jahr nach der Tötung des Terrorchefs Osama bin Laden.
Der Präsident, der bei der Wahl am 6. November für eine zweite Amtszeit antritt, verkündete in seiner Rede an die Nation das Ende einer "Dekade der Konflikte". "Diese Zeit des Krieges begann in Afghanistan, und dort ist es, wo sie enden wird", sagte er. Im Vorjahr seien schon die letzten US-Soldaten aus dem Irak-Krieg zurückgekehrt. Nun sei es Zeit, Amerika im Inneren zu erneuern.
Obama bekräftige die Nato-Pläne, den Kampfeinsatz in den kommenden zweieinhalb Jahren zu beenden. "Wie unsere Koalition vereinbart hat, werden die Afghanen bis Ende 2014 voll verantwortlich für die Sicherheit ihres Landes sein", sagte er. Ein früherer Abzug komme nicht infrage, weil dies erzielte Erfolge im Kampf gegen das Terrornetzwerk Al-Kaida gefährden könnte.
Aber die USA wollten auch nicht viele Jahre länger in Afghanistan bleiben. Das würde zu viel Geld und Leben amerikanischer Soldaten kosten. Zudem sollten die Afghanen die volle Souveränität über ihr Land erhalten und selbst dauerhaften Frieden schaffen. Die USA würden keine Militärbasen in dem Land bauen. "Ich werde Amerikaner keinen Tag länger in Gefahr belassen, als absolut notwendig ist."
Allerdings machte Obama erneut klar, auch nach 2014 amerikanische Soldaten am Hindukusch zu belassen. Das zunächst zehn Jahre laufende Abkommen zwischen beiden Staaten sieht vor, dass die Amerikaner afghanische Sicherheitskräften ausbilden. Aber auch Kampfeinsätze gegen Terroristen sind laut US-Regierungsvertretern weiter denkbar. Konkrete Truppenstärken nennt der Vertrag jedoch nicht.
Auch die Höhe einer finanziellen Unterstützung an Afghanistan bleibt offen. Die Kosten der afghanischen Sicherheitskräfte mit einer geplanten Stärke von 228 000 Mann werden auf jährlich 4,1 Milliarden US-Dollar geschätzt. Der US-Anteil muss vom Kongress in Washington genehmigt werden. Auch die Beteiligung anderer Länder ist ungeklärt.
Beide Staaten hatten sich erst vor gut einer Woche auf den Vertrag geeignet - nach rund 20 Monaten harter Verhandlungen. Obama sprach von einer "historischen Vereinbarung", die "eine neue Art der Beziehung" zwischen beiden Ländern definiere. Die Unterzeichnung auf afghanischen Boden sollte die Souveränität des Staates symbolisieren.
Das Abkommen erfüllt die Forderung der Afghanen, die Leitung dortiger amerikanischen Militärgefängnisse übernehmen zu können. Zudem sollen die umstrittenen nächtlichen Kommandoaktionen gegen Aufständische künftig ausschließlich von afghanischen Soldaten geführt werden.
Zur US-Strategie für das Land gehörten weiter Friedensgespräche mit den Taliban, sagte Obama. "Sie können ein Teil dieser Zukunft sein, wenn sie mit Al-Kaida brechen, der Gewalt abschwören und die afghanischen Gesetze befolgen." Ferner seien sich die internationalen Partner einig, für Frieden und Stabilität in Südasien einzutreten. Das sei das Thema beim Nato-Gipfel in Chicago am 20. und 21. Mai.
Obama war nach Berichten mitreisender Reporter in der Nacht auf der amerikanischen Basis in Bagram gelandet. Von dort sei er per Hubschrauber zum Präsidentenpalast nach Kabul geflogen. Nach dem Treffen mit Karsai sprach Obama in Bagram vor gut 3000 Soldaten und hielt anschließend seine Fernsehansprache. Danach begab er sich mit der Präsidentenmaschine auf den Rückflug nach Washington. Es war der dritte Besuch Obamas in dem Land seit seinem Amtsantritt.
Laut Regierungsbeamten wurde der Zeitpunkt vor allem vom Abschluss der Verhandlungen über das Abkommen bestimmt, das vor dem Nato-Gipfel unterzeichnet werden sollte. Aber auch der Jahrestag der Tötung von Bin Laden habe eine Rolle gespielt. "Es war hier in Afghanistan, wo Al-Kaida neue Rekruten herbrachte, sie trainierte und terroristische Angriffe plante", sagte Obama. Aber das Ziel, Al-Kaida zu besiegen, sei nun in Reichweite.