Blasphemie-Fall: Junge Christin kommt gegen Kaution frei
Islamabad - Die vom Richter in Islamabad geforderten Sicherheitsleistungen in Höhe von einer Million Rupien (8500 Euro) hätten nicht mehr vor Gerichtsschluss am Freitag hinterlegt werden können, sagte der Anwalt des Mädchens, Tahir Naveed Chaudhry. Daher sei mit der Freilassung der nach Einschätzung von Ärzten unter 14 Jahre alten Angeklagten erst am Samstag zu rechnen.
Dem Mädchen namens Rimsha war vorgeworfen worden, Koran-Seiten verbrannt zu haben. Der Fall hatte eine überraschende Wendung genommen, als am Wochenende ein Imam festgenommen wurde, der Rimsha angezeigt hatte. Er wird verdächtigt, verbrannte Koran-Seiten in Rimshas Tasche geschmuggelt zu haben, um die christliche Minderheit aus der Gegend zu vertreiben. Der Geistliche weist das zurück.
Über eine etwaige Schuld des Mädchens oder des Imams befand das Gericht am Freitag nicht. Rimsha stammt aus einer Armensiedlung in Islamabad. Nach ihrer Festnahme am 16. August waren Christen aus Angst vor Racheakten von Muslimen aus dem Slum Meherabadi geflohen, um an anderen Orten in der Hauptstadt Schutz zu suchen.
Die Festnahme Rimshas hatte international, aber auch unter muslimischen Klerikern in Pakistan für Proteste gesorgt. Die Minderjährige hat nach ärztlicher Diagnose eine Lernbehinderung. Die Polizei hatte zunächst mitgeteilt, Rimsha habe das Down-Syndrom.
Pakistans umstrittenes Blasphemie-Gesetz verbietet die Beleidigung jeder Religion, wird aber in der Praxis nur bei angeblicher Herabsetzung des Islam angewandt. Die schwersten Strafen können bei der Schändung des Koran (lebenslange Haft) und des Namens des Propheten Mohammed (Todesstrafe) verhängt werden. Angehörige religiöser Minderheiten werden überproportional häufig angeklagt.
Zwar ist in Pakistan nie ein Todesurteil wegen Blasphemie vollstreckt worden, mehrere Angeklagte wurden aber nach ihrer Freilassung gelyncht. Islamisten laufen Sturm gegen Änderungen des Gesetzes, das sie für von Gott gemacht halten. In seiner jetzigen Form wurde es 1986 von Militärdiktator Muhammad Zia ul-Haq eingeführt. Religiöse Minderheiten und liberale Muslime fordern einen besseren Schutz vor Missbrauch des Gesetzes.
Im vergangenen Jahr waren der Minister für Minderheiten - der einzige Christ in der Regierung - und der Gouverneur der Provinz Punjab ermordet worden. Beide hatten das Gesetz kritisiert, das oft missbraucht wird, um persönliche Gegner anzuschwärzen. Für internationale Schlagzeilen sorgte auch der Fall der Christin Asia Bibi. Ihr wird vorgeworfen, sich nach einem Streit abfällig über den Propheten Mohammed geäußert zu haben. Die Landarbeiterin wurde im November 2010 zum Tode verurteilt und sitzt in Haft. Papst Benedikt XVI. setzte sich erfolglos für Asia Bibis Freilassung ein.
- Themen:
- Benedikt XVI
- Polizei
- Päpste