BKA warnt vor Neonazi-Terror auch gegen Prominente
Berlin - Die Gefahr durch Neonazi-Terror bleibt nach Einschätzung des Bundeskriminalamts (BKA) hoch - Attacken könnten auch auf Prominente zielen.
Nach dem Auffliegen der Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) im November 2011 schreibt das BKA laut "Spiegel" in einem vertraulichen Papier von Juli 2012, Angriffe könnten sich nicht nur gegen Ausländer, sondern auch gegen "Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland wie Politiker, Personen des öffentlichen Lebens und Polizeibeamte" richten. Jüdische Institutionen seien ebenfalls gefährdet.
"Es ist mit fremdenfeindlichen Gewaltdelikten von Einzeltätern oder Tätergruppen in Form von Körperverletzungen auch mit Todesfolge, Brandanschlägen (z.B. auf Asylbewerberunterkünfte) und in Einzelfällen auch mit Tötungsdelikten zu rechnen", zitiert das Magazin weiter. Möglicherweise würden "in die Enge getriebene" Einzeltäter oder Kleinstgruppen "die eigene Handlungsfähigkeit durch Gewaltstraftaten unter Beweis stellen" wollen.
Die Thüringer Linke verlangte von der Landesregierung umfassende Auskunft über rechtsextreme Aktivitäten von Polizisten. Hintergrund ist ein "Tagesspiegel"-Bericht, wonach eine Polizistin bei einer Befragung durch das BKA angegeben haben soll, Rechtsextreme "privat wie dienstlich" zu kennen und eine Schlägerei von Neonazis mit Ausländern nicht gemeldet zu haben. Angesichts der Brisanz des Themas müsse das Innenministerium Transparenz schaffen, erklärte die innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Martina Renner.
Eine Sprecherin des Landeskriminalamtes bestätigte, es habe interne Ermittlungen gegen die Polizistin wegen eines möglichen Verrats von Dienstgeheimnissen gegeben. Das Verfahren sei jedoch von der Staatsanwaltschaft gegen eine Geldauflage von 500 Euro eingestellt worden. Zwar sei die Frau im Dezember 2009 vom Dienst suspendiert worden, doch habe ein Verwaltungsgericht dies gut ein Jahr später wieder ausgesetzt. Das Disziplinarverfahren sei im Juni 2012 mit einer Geldbuße von weiteren 500 Euro beendet worden. Die Frau sei nun wieder bei der Polizei tätig. Auch nach ihren Aussagen beim BKA habe keine Straftat festgestellt werden können.
Der Thüringer Verfassungsschutz hat außer der Operation "Rennsteig" vor etwa zwölf Jahren offenbar eine weitere groß angelegte Überwachung von Neonazis vorbereitet. Mit deren Hilfe (Deckname "Treibgut") sollte ab dem Jahr 2000 die Neonazi-Szene in Thüringen und Nachbarbundesländern durchleuchtet werden, berichtete der MDR Thüringen unter Berufung auf vertrauliche Dokumente. Demnach wurde eine Liste mit mehr als 120 Rechtsextremen zusammengestellt, die als mögliche V-Leute oder Informanten angeworben werden sollten. Warum die Operation doch nicht zustande kam, ist unklar.
Bei der Operation "Rennsteig" hatten mehrere Geheimdienste zwischen 1997 und 2003 versucht, die rechte Szene in Thüringen auszuspähen. In diese Zeit fällt auch das Abtauchen des mutmaßlichen Mördertrios, das als Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund zehn Morde begangen haben soll.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft ärgert sich über Kritik an den Sicherheitsbehörden rund um die NSU-Ermittlungen. "Polizisten und Verfassungsschützer werden in der Debatte oft als Deppen dargestellt", sagte der Bundesvorsitzende Rainer Wendt der dpa. Es habe zwar Pannen gegeben. "Aber der Vorwurf des Pauschalversagens ist völlig ungerecht." Den Sicherheitsbehörden seien mitunter durch gesetzliche Vorschriften die Hände gebunden. "Die Behörden sind durch die Datenschutzhysterie gelähmt", beklagte Wendt.