Bischof Mixa: Missbrauch eines Minderjährigen?
AUGSBURG/INGOLSTADT - Bischof Walter Mixa unter schwerem Verdacht: Sein eigenes Bistum Augsburg hat den 69-Jährigen bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Es geht um den sexuellen Missbrauch eines Buben.
Es war ein überstürzter Besuch bei Papst Benedikt: Als der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Robert Zollitsch am Donnerstag vor einer Woche mit Münchens Erzbischof Reinhard Marx und dem Augsburger Weihbischof Anton Losinger nach Rom eilte, ging es nicht nur um den Rücktritt von Walter Mixa, wegen seiner Lügen, der Schläge und den finanziellen Unregelmäßigkeiten. Das Trio schlug im Vatikan Alarm. In der Affäre stecke noch richtiger Sprengstoff. Der wurde jetzt gezündet: Das Bistum Augsburg hat die Staatsanwaltschaft eingeschaltet und Strafanzeige gegen Walter Mixa gestellt. Der schwere Verdacht: Sexueller Missbrauch eines Minderjährigen! Es soll sich um einen Ministranten handeln. Mixa soll derzeit in einer Klinik für Alkoholkranke in der Schweiz sein.
Gerüchte über Mixas heimliche Vorlieben gab es schon länger. Verwunderung herrschte vor allem darüber, dass der umstrittene Bischof so viele junge Männer in sein Priesterseminar locken konnte, egal, wo er wirkte. Auch solche, die anderen Ortes abgelehnt worden waren. Sie aber waren alle erwachsen. Keiner weihte so viele zu Priestern wie Mixa. Von „Lustknaben“ wurde da in Kirchenkreisen geredet. Und: Dass Mixa Posten nur nach dem Äußeren besetze.
Schon im April 2002 war im „Eichstätter Kurier“ ein Leserbrief erschienen – vom heutigen Pfarrer von St. Michael in Ingolstadt, Josef Mederer. Er leitete bis 1997 das Priesterseminar in Eichstätt. Öffentlich beschrieb Mederer das Verhältnis Mixas zu seinen Seminaristen: Er bezichtigte den Bischof der Lüge und warf ihm vor, sie „abhängig“ zu machen, und eine „irrationale Solidarität“ zu Kandidaten aufzubauen, „welche sogar das Kirchenrecht als nicht tragbar bezeichnet.“ Die Anschuldigungen wurden ignoriert. Weder die Bischofskonferenz, noch der Vatikan reagierten.
Geredet wurde viel. Zum Beispiel, warum sich zwei erwachsene Männer „Hasi“ und „Monsi“ nennen. „Monsi“ war Monsignore Mixa. „Hasi“ war Hansfred Hasslbauer, der Heimleiter des Schrobenhausener Waisenhauses. Dort hatte Mixa Kinder geohrfeigt und mit Geldern aus der Stiftung teure Antiquitäten und seinen enormen Weinkonsum finanziert. Die beiden Männer standen sich nach Aussagen vieler Schrobenhausener sehr nahe. Alles wurde nur als üble Nachrede abgetan. Bis jetzt. Trotz seines Rücktrittsgesuchs zeigte sich Mixa noch immer uneinsichtig, sagen Insider. Ob die Kirche deshalb nun zum Frontalangriff überging? Mixa wollte offenbar von seinem Rücktritt zurücktreten. Der Münchner Erzbischof Marx und sein Kollege Zollitsch waren zu ihm in die Schweiz geeilt, um ihn davon abzuhalten.
Der von Mixa sexuell missbrauchte Ministrant hatte sich nicht selbst an die Kirche gewandt. Die Hinweise stammen von seinem Umfeld. Die Missbrauchs-Beauftragte des Bistums Augsburg hat sie sorgfältig geprüft. Danach wurde die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.
Zur Tatzeit war Mixa noch Bischof von Eichstätt. Sein dortiger Nachfolger, der Benediktiner Gregor Maria Hanke, war bereits am Montag über die Ermittlungen informiert worden. Die liefen auf allerhöchster Ebene. Der Generalstaatsanwalt in München wurde eingeschaltet. Justizministerin Beate Merk, die als Mitglied der schwäbischen CSU Mixa zu Beginn der Affäre noch verteidigt hatte, bestätigte: „Es handelt sich um einen Hinweis, der von der Kirche direkt an die Generalstaatsanwaltschaft weitergeleitet wurde. Die Ingolstädter Staatsanwaltschaft hat nur Vorermittlungen aufgenommen.“
Mixa selbst weist alle Vorwürfe entschieden zurück und hat den Augsburger Strafverteidiger Gerhard Decker beauftragt: „Mein Mandant wird nach Kräften mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten, um den Fall restlos aufzuklären.“ Der Vorsitzende des Augsburger Diözesanrats, Helmut Mangold spricht von einem „Supergau.“ Papst Benedikt reagiert jetzt: Er will das Rücktrittsgesuch annehmen, am Samstag soll es offiziell verkündet werden.
Angela Böhm
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