Bin Laden getötet: Schnelles Ende einer langen Jagd

40 Minuten dauerte die „Kill Mission”: So brachten US-Elitesoldaten den Terroristen-Chef nach Jahren der Suche doch noch zur Strecke. Ein genervter Anwohner twittert live mit
von  tan

40 Minuten dauerte die „Kill Mission”: So brachten US-Elitesoldaten den Terroristen-Chef nach Jahren der Suche doch noch zur Strecke. Ein genervter Anwohner twittert live mit

Abbottabad - Jahre hat die Jagd gedauert, akribisch, mühsam – und am Schluss geht alles ganz schnell: In einem nur 40-minütigen Einsatz erschießen US-Elitekämpfer den größten Feind der USA. Das Ende von Osama bin Laden liest sich wie ein Thriller.

Es beginnt mit einem Namen: Ein Gefangener in Guantánamo hatte im Verhör den Decknamen von bin Ladens wichtigstem Kurier genannt. 2007 schaffen es US-Agenten, den wahren Namen des Mannes herauszufinden. 2009 lokalisierten sie die Region von Pakistan, in der er wohnt.

Im August 2010 schließlich entdecken sie das Anwesen in Abbottabad. „Wir waren geschockt, als wir es sahen”, erzählt ein Agent. Ihnen sei gleich klar gewesen, dass da nicht nur ein Kurier hinter den mit Stacheldraht gekrönten fünfeinhalb Meter hohen Mauern wohnt: zu groß, zu konspirativ (siehe Seite 3). CIA, Elite-Einheiten, Satellitenaufklärung führen im September zur Einschätzung: Dort lebt höchstwahrscheinlich bin Laden. „Alles hat gepasst. Wir sind auf der richtigen Spur”, sagt ein Geheimdienstmann.

Dann die minutiöse Feinplanung des Einsatzes. Nur wenige US-Bürger sind eingeweiht, niemand außerhalb, und ganz sicher nicht in Pakistan – der dortigen Regierung traue man schon lang nicht mehr, heißt es. Monatelang wird geplant, geübt, beraten: Bin Laden sollte nicht noch einmal knapp entkommen, wie etwa in Tora Bora.

Am Freitag wird es ernst: Um 8.20 Uhr unterzeichnet US-Präsident Barack Obama den Einsatzbefehl, eine „Kill Mission”, so CNN – bevor er in die Tornado-Region fliegt.
Dann, in der Nacht auf Montag, der Einsatz. Ein Team Navy-Seals (siehe Kasten) fliegt mit Hubschraubern vom Luftwaffenstützpunkt Ghazi nach Abottabad. Um 1 Uhr nachts twittert Sohaib Attar (33), ein Anwohner aus Abottabad, dass ihn Hubschrauber-Lärm geweckt habe. Dabei sei er mit Frau und Kind aus dem lauten Lahore extra in das beschauliche Städtchen gezogen. Um kurz vor 1.30 Uhr, so die offiziellen US-Angaben, beginnt dann der Einsatz im Anwesen von Osama bin Laden.

Einer der Hubschrauber gerät unter Feuer, wird von der Dachterrasse aus von Osamas Wachen beschossen, heißt es. Twitterer Athar hat dies auch so beobachtet und berichtet weiter live im Internet: „Und jetzt kommen noch zwei weitere Hubschrauber.”

Die Navy Seals stürmen das Anwesen. Es kommt zum Schusswechsel. Osama bin Laden habe versucht, „Widerstand zu leisten”, sagen US-Offizielle. Die Elitekämpfer schießen ihn in den Kopf. Am Ende liegen vier Tote am Boden: der El-Kaida-Chef. Einer seiner Söhne, heißt es. Der Kurier und dessen Bruder. Und eine Frau: Einer der Getöteten habe sie als Schutzschild verwenden wollen, sagen die US-Kämpfer.

Wer sonst noch im Haus war, dazu gibt es widersprüchliche Angaben – womöglich weitere Frauen und Kinder von bin Laden. Die amerikanische Greifertruppe interessiert nur eins: Osama bin Ladens Leiche und ein sicherer Rückzug. Sie tragen den Toten fort, wollen die Operation schnell zu Ende bringen.
Allerdings mit einem Hubschrauber weniger. Den beschossenen Helikopter lassen die Navy Seals auf der Dachterrasse zurück; sie lassen ihn ferngesteuert detonieren, als sie samt den Überresten von Osama bin Laden mit den verbleibenden Hubschraubern in sicherer Entfernung sind. Da ist es kurz nach zwei Uhr, knapp 40 Minuten nach Beginn der Aktion. „Wir haben einen Hubschrauber verloren. Die Besatzung hat ihn nach mechanischen Problemen selbst zerstört”, sagen hohe US-Vertreter. Sonst habe es keinerlei amerikanischen Verluste bei der Aktion gegeben.
Der Leichnam wird sofort auf See bestattet (Seite 3). US-Präsident Barack Obama tritt vor die Kameras und verkündete den Tod bin Ladens: „Der Gerechtigkeit ist Genüge getan. Er war kein Islamistenführer, er war ein Massenmörder.” (siehe Seite 5). In Abottabad dämmert es dem schlaflosen Twitterer: „Ich glaube, da gibt es einen Zusammenhang mit Obamas Rede.” tan

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