"Bild" beharrt: Wulff wollte Story verhindern
Die "Bild"-Zeitung beharrt darauf, dass Bundespräsident Christian Wulff die Berichterstattung über die Finanzierung seines Privathauses verhindern und nicht nur verschieben lassen wollte.
Berlin - Mit seinem Anruf auf die Mailbox von Chefredakteur Kai Diekmann habe Wulff den Artikel "eindeutig" verhindern wollen, sagte der stellvertretende "Bild"-Chefredakteur Nikolaus Blome am Sonntag in der ARD-Sendung "Günther Jauch". "Der Bundespräsident hat vielleicht das Verschieben als Etappe gesehen, das Verhindern ganz eindeutig als Ziel."
Wulff hatte dagegen in der vergangenen Woche in einem Interview von ARD und ZDF erklärt, es sei ihm nur darum gegangen, dass die Berichterstattung um einen Tag verschoben wird, bis er von seiner Auslandsreise zurück sei, um darüber miteinander reden zu können. "Ich habe nicht versucht, sie zu verhindern."
Blome sagte in der ARD, Wulff sei ein enormes politisches Risiko eingegangen, indem er sich auf der Mailbox verewigt habe. "Der Präsident ist aufs Ganze gegangen mit einem politischen Risiko, weil er das Ganze wollte, nämlich diesen Bericht zu verhindern."
Nach inzwischen vier Wochen dauernder Debatte über Wulff wegen seiner Kredit- und Medienaffäre spricht die Opposition inzwischen offen über die Wahl eines Nachfolgers. Die Vorsitzenden von SPD und Grünen, Sigmar Gabriel und Claudia Roth, boten der schwarz-gelben Koalition an, gemeinsam eine geeignete Persönlichkeit für Wulffs Nachfolge zu suchen, falls dieser zurücktreten sollte.
In der ZDF-Sendung "Berlin direkt" sagte Gabriel, die SPD wolle gar keinen eigenen Kandidaten benennen, die CDU könne auch jemanden aus ihren Reihen vorschlagen. "Wir wollen bloß, dass dieses unwürdige Theater endlich ein Ende hat." Roth sagte in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin": "Von grüner Seite aus gibt es natürlich das Angebot, zusammen mit der Union, zusammen mit der Regierung eine geeignete Person zu finden."
In derselben Sendung konterte Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU): "Der Bundespräsident wird im Amt bleiben. Und deswegen sind alle Diskussionen darüber, wer einen neuen Kandidaten bringen könnte, Unsinn." Zugleich räumte er ein, dass Wulff Fehler gemacht habe. "Es war sicher kein Ausweis von Klugheit, einem Chefredakteur eine solche Sache auf die Mailbox zu sprechen." Auch CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt kritisierte Gabriel wegen seines Angebots zur Zusammenarbeit scharf. "Gabriel hat in der ganzen Debatte schon immer den nötigen Anstand vermissen lassen und tut das auch jetzt. Von ihm kommt nur Zündelei und parteitaktisches Manövrieren", sagte er der Zeitung "Die Welt" (Montag).
Wulff selbst denkt offenbar weiter nicht an Rücktritt. Bei einem internen Neujahrsempfang für Mitarbeiter am vergangenen Freitag habe er sich zuversichtlich gezeigt, "dass dieses Stahlgewitter bald vorbei ist", schrieb "Bild am Sonntag" ohne Angabe von Quellen. Wulff gibt in dieser Woche seine traditionellen Neujahrsempfänge, einen für das diplomatische Corps, einen zweiten für Vertreter des öffentlichen Lebens, zu dem auch Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Kabinett erwartet werden.
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast warf dem Bundespräsidenten vor, bei ihm stünden in der Kredit- und Medienaffäre persönliche Motive im Vordergrund. "Diesem Präsidenten geht es anscheinend nur um seine Befindlichkeit, aber nicht um die Aufgabe des Amtes", sagte sie der "Rheinischen Post" (Montag). Es sei ein "echtes Trauerspiel", wie er mit der Wahrheit und dem Amt umgehe.