BGH kündigt "weitere Entscheidungen" zum NSU an: Kommt Zschäpe doch nach 15 Jahren frei?

Verwerfen die Richter die Revisionen - oder wird der Prozess gegen Beate Zschäpe etwa neu aufgerollt ?
von  Helmut Reister
Beate Zschäpe 2018 im Oberlandesgericht München.
Beate Zschäpe 2018 im Oberlandesgericht München. © Peter Kneffel/dpa

Wird der Prozess komplett aufgerollt, nur in Teilen, oder ist das Kapitel "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) in ein paar Tage juristische Vergangenheit?

Am kommenden Donnerstag, 19. August, will der Bundesgerichtshof (BGH) seine Entscheidungen im Revisionsverfahren bekanntgeben. Danach steht fest, ob und wie es weitergeht.

Neun Morde an Menschen mit Migrationshintergrund, ein Polizistenmord, zwei Sprengstoffanschläge, 15 Raubüberfälle, 43 Mordversuche, Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung: Beate Zschäpe wurde vom Oberlandesgericht München im Sommer 2018 zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Richter stellten außerdem die besondere Schwere der Schuld fest.

Ralf Wohlleben, Carsten S., Holger G. und André E. saßen wegen Beihilfedelikten mit auf der Anklagebank und wurden zu Haftstrafen zwischen zweieinhalb und zehn Jahren verurteilt. Alle legten beim BGH Revision ein. S. hat seine mittlerweile zurückgezogen und ist seit Mitte 2020 frei.

War Zschäpe vollwertige Mittäterin?

Einer der rechtlichen Knackpunkte, auf die der BGH im Revisionsverfahren eingehen muss, ist die Frage nach der genauen Rolle von Beate Zschäpe bei den Verbrechen. War sie vollwertige Mittäterin, obwohl sie nie bei den Morden vor Ort dabei war, oder nur Helferin im juristischen Sinn?

Das OLG München stufte sie als Mittäterin bei den Morden ein. Die Verbrechen seien geplant und mit ihr auch abgesprochen worden, zudem habe sie den Rückzugsort, eine unter falschem Namen in Zwickau gemietete Wohnung, gesichert, heißt es im Urteil. Beate Zschäpe selbst hat in dem Prozess bestritten, vorher von den Morden gewusst zu haben.

Freilassung auf Bewährung ausgeschlossen

Das Revisionsverfahren ist beim dritten Strafsenat des BGH anhängig. Es werden keine Zeugen mehr gehört. Die fünf Richter prüfen das schriftliche Urteil ausschließlich auf Rechtsfehler und, ob die Gesetze richtig angewendet wurden. Bei der Einschätzung Zschäpes als Mittäterin spielt das eine entscheidende Rolle.

Halten die BGH-Richter die Revision der Angeklagten für unzulässig, wären die Urteile des OLG München innerhalb weniger Tage rechtskräftig. Für Ralf Wohlleben, André E. und Holger G. würde das zu weiterer Haft führen, weil die Zeit, die sie in U-Haft verbrachten, kürzer als das OLG-Urteil war.

Bei Beate Zschäpe würde sich nichts ändern, besondere Schwere der Schuld inklusive. Eine Freilassung auf Bewährung nach 15 Jahren wäre damit ausgeschlossen.

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