Bevormundung

Bayerns Radfahrer und Fußgänger können aufatmen: Sie dürfen künftig – wie zuvor schon die Autofahrer – an Bayerns Tankstellen auch nach 20 Uhr die Beckstein-Gedächtnis-Einheit von zwei Maß Bier erwerben.
Damit endet ein monatelanges Tauziehen zwischen Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) und den Pächterverbänden, die sich allerdings größtenteils einer von der Ministerin ins Spiel gebrachten „freiwilligen Selbstbeschränkung“ nicht anschließen. Dieses „Ergebnis“ ist zwar lächerlich, aber für Seehofer anscheinend besser vertretbar, als den Problemen wirklich auf den Grund zu gehen. A
lle anderen Bundesländer haben ein eigenes Ladenschlussgesetz, nur die Bayern nicht, weil die CSU bei dieser Debatte in zwei Lager zerfällt. So herrscht hier das alte Bundesgesetz, auch wenn die CSU sonst gerne so tut, als sei eine Autonomie die beste politische Utopie. Dieses Bundesgesetz hat es in sich: Nach 20 Uhr darf an Tankstellen nur „Reisebedarf“ über den Tresen gehen, zu dem zwar Bier gerechnet wird, aber beispielsweise keine Tiefkühlpizza. Denn diese wird ja zuhause zubereitet.
Diese Bestimmungen wie aus einer Beamtensatire über absurde Regelungswut sind realitätsfern. In vielen Regionen ersetzen die Tankstellen den fehlenden Supermarkt – nicht nur nachts und sonntags. Ladenbetreibern den Verkauf ihrer Waren über Stunden zu verbieten, ist eine beschämende Bevormundung.