Bernhard Pohl: Promi-Bonus bei Verkehrsprozessen?
Die Akte Pohl wird immer umfangreicher und bizarrer: Nachdem der Spitzenpolitiker der Freien Wähler bei einer Alkohol-Fahrt von der Polizei gestoppt wurde, kam heraus, dass er schon wegen zahlreicher anderer Verkehrsdelikte vor Gericht stand. Jetzt scheint es so, als habe er damals auf einen Promi-Bonus setzen wollen.
München – Als stellvertretender Vorsitzender der FW-Landtagsfraktion war Bernhard Pohl Ende Juli beim Sommerempfang des Landtags auf Schloss Schleißheim zu Gast. Anschließend setzte er sich stark alkoholisiert hinters Steuer und wurde schließlich von einer Polizeistreife gestoppt. Bei Pohl wurde ein Blutalkoholwert von 1,29 Promille festgestellt, womit er strafrechtlich als "absolut verkehrsuntauglich" galt.
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Der Vorfall, der juristisch noch nicht abgeschlossen ist, war nur der jüngste in einer langen Liste an Rechtsverstößen und Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr. So wurde Pohl zwischen 2005 und 2009 wegen mehrerer Abstandsverstöße und Geschwindigkeitsüberschreitungen sowie eines Rotlichtverstoßes verurteilt. Hinzu kommt ein von Pohl im Jahr 2006 verursachter Verkehrsunfall, bei dem eine Person ums Leben kam und eine weitere schwer verletzt wurde. Pohl wurde damals wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung verurteilt.
Anwalt argumentierte mit Pohls Verdiensten für Strafmilderung
Doch genau zu diesem Prozess sind jetzt neue, brisante Details aufgetaucht, über die der Bayerische Rundfunk berichtet. Damals wandte sich Pohls Anwalt an die zuständige Memminger Staatsanwaltschaft und brachte das politische Engagement seines Mandanten als strafmildernden Grund ins Gespräch. In einem Schreiben an die Staatsanwaltschaft heißt es: "Strafmildernd ist zu bewerten, dass sich Herr Pohl seit mehr als zehn Jahren in erheblichem Umfang für Belange des Gemeinwesens einsetzt. So gehört er seit 1996 dem Stadtrat von Kaufbeuren als ehrenamtliches Mitglied an. Er hat darüber hinaus ebenfalls ehrenamtlich den Eissportverein Kaufbeuren als Präsident geführt. Daneben hatte und hat Herr Pohl weitere Ehrenämter inne, bei denen er sich für die Belange der Allgemeinheit verwendet."
Offenbar beeindruckte dieses Schreiben die Staatsanwaltschaft tatsächlich, denn sie entschied sich daraufhin gegen einen öffentlichen Prozess und beantragte stattdessen einen Strafbefehl gegen Pohl. Der hätte in dem vorliegenden Fall eigentlich aus 120 Tagessätzen bestehen müssen, dennoch plädierte die Staatsanwaltschaft nur auf 90 Tagessätze. Das ist durchaus brisant, da man erst ab 91 Tagessätzen als vorbestraft gilt.
Richter lehnte Strafantrag als zu niedrig ab
Ob dem Antrag der Staatsanwaltschaft tatsächlich ein Promi-Bonus zugunsten von Bernhard Pohl zugrunde lag, lässt sich nicht sagen. Fest steht jedoch, dass der zuständige Amtsrichter das vorgeschlagene Strafmaß für viel zu gering einstufte: "Wegen des sich aus dem Tathergang ergebenden überdurchschnittlichen Grades der Fahrlässigkeit ist meines Erachtens eine Geldstrafe von mindestens 120 Tagessätzen und ein Fahrverbot von einem Monat veranlasst."
Der Staatsanwalt gab schließlich nach und Pohl akzeptierte den Strafbefehl über 120 Tagessätze zu je 150 Euro. Neben dieser Geldstrafe von insgesamt 18.000 Euro wurde noch ein zweimonatiges Fahrverbot gegen ihn verhängt.
Vorfall wiederholte sich vier Jahre später
Auch in einem weiteren Verfahren gegen Pohl kam es zu dieser rechtlich sehr seltenen Konstellation, dass die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl beantragte, den der Richter als zu gering zurückwies: Pohl hatte vier Jahre später bei zwei Verkehrsverstößen behauptet, dass nicht er selber, sondern ein Bekannter sein Fahrzeug gesteuert habe. Als ihm dies widerlegt werden konnte, beantragte der Staatsanwalt einen Strafbefehl über 50 Tagessätze.
Der zuständige Richter legte dem Staatsanwalt jedoch nahe, "im Hinblick auf die verkehrsrechtlich einschlägige Tat gegen den Abgeordneten einen Strafbefehl über 70 Tagessätze zu beantragen". Dem kam man schließlich nach und Pohl zahlte erneut, um einem regulären Prozess zu entgehen.
Ob ihm dies beim aktuellen Fall noch einmal gelingen wird, bleibt abzuwarten.