Berliner zeigen Solidarität mit verletztem Rabbiner
Berlin - Am Sonntag nahm Rabbi Daniel Alter selbst an einer Demonstration gegen Antisemitismus und Gewalt in der Nähe des Tatorts teil.
"Ich habe das Jochbein gebrochen bekommen. Aber meinen Willen, mich für interreligiösen Dialog einzusetzen, haben diese Typen nicht gebrochen", sagte der 53-Jährige zum Abschluss der Veranstaltung. Bereits am Samstag hatten rund 150 Menschen in Charlottenburg mit einer spontanen Demonstration gegen Antisemitismus protestiert.
Alter war am Dienstag im gutbürgerlichen Stadtteil Friedenau vor den Augen seiner Tochter von vier - nach Polizeiangaben vermutlich arabischstämmigen - Jugendlichen zusammengeschlagen worden. Er trug ein Kippa, die traditionelle jüdische Kopfbedeckung. Dem siebenjährigen Mädchen drohten die Täter mit dem Tod.
Bei der Veranstaltung in Friedenau sprach der Rabbiner von einer "wunderbaren Welle der moralischen Unterstützung" für sich und seine Familie. Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) sagte zu ihm: "Wir brauchen Sie in Friedenau. Wir brauchen Sie, damit jüdisches Leben bleibt und wächst."
An die Islamverbände appellierte Kolat, den Antisemitismus mit konkreten Maßnahmen zu bekämpfen. Die Kundgebung besuchten nach Veranstalterangaben rund 1300 bis 1500 Menschen. Die Polizei sprach von etwa 1000 Teilnehmern.
Bei der spontanen Schweigedemonstration in Charlottenburg, einem sogenannten Kippa-Flashmob, trugen viele Teilnehmer die jüdische Kopfbedeckung.
Aus Solidarität mit dem Rabbiner wollten auch Politiker und Kulturschaffende am Samstag eine Kippa aufsetzen. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) sagte der "Berliner Morgenpost" (Samstag), er wünsche sich, dass auch die islamischen Bürger Solidarität zeigten. Schauspieler Ulrich Matthes betonte, er trage Kippa, "weil der Angriff leider kein Einzelfall war".
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte am Samstag bei der Eröffnung der ersten "Langen Nacht der Religionen" in Berlin, das Tragen religiöser Symbole dürfe nicht im Verborgenen stattfinden. "Wir müssen sicherstellen, dass ein Jude seine Kippa tragen kann und dass der Turban getragen werden darf."
Ähnlich äußerte sich auch der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann. "Ich lasse nicht zu, dass wir unser Judentum nur im Hinterzimmer ausleben dürfen", sagte er dem "Tagesspiegel" (Samstag). "Wir Juden in Deutschland werden uns jedenfalls ganz sicher nicht einschüchtern lassen."
Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Berlin, Gideon Joffe, hatte dagegen gesagt, er würde es Juden nicht empfehlen, in jedem Stadtteil Berlins mit einer Kippa herumzulaufen.