Berliner Halbmarathon: Festnahme war "Präventivmaßnahme"

Die Berliner Polizei hat es richtig gemacht, ist überall in der Hauptstadt zu hören. Sie hat mutmaßliche Islamisten aus dem Verkehr gezogen - auch wenn keine direkte Gefahr bestand. Nun wird weiter ermittelt.
von  dpa
Zwei Polizisten stehen an der Halbmarathonstrecke in Berlin vor dem Dom.
Zwei Polizisten stehen an der Halbmarathonstrecke in Berlin vor dem Dom. © Christophe Gateau/dpa

Berlin - Die jüngst beim Halbmarathon in Berlin festgenommen mutmaßlichen Islamisten kommen wahrscheinlich wieder auf freien Fuß. Es werde wohl kein Haftantrag gestellt, sagte ein Polizeisprecher am Montag. Bei den Durchsuchungen am Sonntag sei nichts Verdächtiges gefunden worden, weder Waffen noch Sprengstoff. Am Montagmittag waren die sechs Männer laut Polizei noch in Gewahrsam. Die Staatsanwaltschaft äußerte sich am Montag zunächst nicht.

Nach Darstellung der Polizei gab es den Anfangsverdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Ein konkreter Terroranschlag auf den Halbmarathon war den Erkenntnissen zufolge aber nicht geplant. Eine Gefährdung des sportlichen Großereignissen mit Zehntausenden Läufern und Zuschauern habe es nicht gegeben, hieß es.

Ein Gefährder unter den Festgenommenen

Sechs Verdächtige im Alter von 18 bis 21 Jahren waren festgenommen worden, die Polizei hatte mehrere Wohnungen sowie zwei Fahrzeuge in den Berliner Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf und Neukölln durchsucht. Unter den Festgenommenen ist nach Angaben aus Ermittlerkreisen mindestens ein sogenannter Gefährder, also ein Mann, dem die Behörden einen Terroranschlag zutrauen.

Nach Angaben aus Polizeikreisen sollen die Festgenommenen einen Bezug zum Weihnachtsmarkt-Attentäter gehabt haben. Der Tunesier Anis Amri hatte im Dezember 2016 einen Laster entführt und auf den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gefahren; zwölf Menschen starben. Amri wurde wenige Tage später auf der Flucht in Italien von Polizisten erschossen.

Zustimmung für den Zugriff von CSU und SPD

Für den Zugriff in Berlin gab es allenthalben Zustimmung. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte in München vor einer CSU-Vorstandssitzung: "Wir haben eine sehr angespannte Sicherheitslage in der Bundesrepublik Deutschland nach wie vor." Mit einem Anschlag müsse jederzeit gerechnet werden. Vor diesem Hintergrund sei es richtig, wenn die Sicherheitsbehörden sehr aufmerksam seien und auch Konsequenzen zögen.

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) bekräftigte: "Die Entscheidung von gestern war absolut richtig. Im Zweifel geht es um die Sicherheit der Bürger dieser Stadt und ihrer Gäste." Auch Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) dankte den Einsatzkräften.

Beweismittel werden weiter ausgewertet

Laut dem Sprecher des Innensenators gab es Hinweise, die zu einem Anfangsverdacht geführt hätten. "Und dann muss man abwägen: Greift man zu oder nicht?" Ob die Hinweise aus dem Umfeld der Verdächtigen kamen, aus der Staatsschutzabteilung der Polizei oder von Geheimdiensten und abgehörten Telefonaten oder Chats, war noch nicht klar. Die beschlagnahmten Beweismittel - darunter Handys und Computer - sollen weiter ausgewertet werden.

Nach Tagesspiegel-Informationen war der Hauptverdächtige bereits zwei Wochen observiert worden. Er sei den Behörden aus den Nachermittlungen zum Amri-Anschlag in Berlin bekannt gewesen, zitierte das Blatt Sicherheitskreise.

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