Benedikt XVI: Papst-Besuch im heiklen Land
Es wird vermutlich eine der schwierigsten Reisen von Papst Benedikt XVI. Er bricht heute zu seiner einwöchigen Nahost-Reise auf. Nach dem Wirbel um die antisemitischen Pius-Brüder wird der Empfang eher kühl ausfallen.
AMMAN/JERUSALEM Es wird vermutlich eine der schwierigsten Reisen von Papst Benedikt XVI. Am Freitag fliegt der Pontifex für eine Woche in den Nahen Osten. An fast jeder Station lauern diplomatische Stolperfallen – für Benedikt ist es nicht nur das Heilige, sondern auch das heikle Land.
Amman/Jordanien. Der Papst trifft sich mit dem jordanischen Königspaar, besucht den Berg Nebo (von dem aus Moses zum ersten Mal das Gelobte Land erblickt haben soll) und hält eine Messe im Stadion von Amman. Jordanien gehört zu den gemäßigt-muslimischen Ländern. Trotzdem haben viele Muslime dem Papst seine Regensburger Rede, in der er 2006 ein Mohammed-kritisches Zitat verwendet hatte, noch nicht verziehen. Religionsvertreter verkündeten kürzlich: "Der Papst ist nicht willkommen."
Jad Vaschem und Jerusalem. In Jerusalem besucht Benedikt die Klagemauer und den Felsendom – wichtige Stätten für das Judentum beziehungsweise für den Islam. Zuvor wird er in der Gedenkstätte Yad Vaschem die Holocaust-Opfer ehren. Allerdings – das dazugehörige Museum betritt er nicht. Grund: In der Ausstellung heißt es, Papst Pius XII. habe "weder schriftlich noch mündlich" gegen den millionenfachen Mord an den Juden protestiert. Benedikt XVI. bestreitet das vehement.
Die Pius-Brüder-Debatte ist noch nicht vom Tisch
Überhaupt sind die Juden erbost über den Papst: Zuerst führte er die so genannte Karfreitagsbitte wieder ein, in der für die "Erleuchtung der Juden" gebetet wird. Dann begnadigte er die erzkonservativen Piusbrüder um den Holocaust-Leugner Richard Williamson. "Für die jüdische Welt ist das nach wie vor nicht vom Tisch“, sagt die Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch. "Ich erwarte vom Papst während seines Besuchs eine klare Distanzierung."
Bethlehem und Nazareth. Der Papst reist auch in die Palästinensergebiete. Zuerst trifft er sich mit dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, anschließend besucht er ein Flüchtlingslager in Bethlehem. Problem: Für eine Ansprache wollen die Verantwortlichen eine Bühne direkt vor der meterhohen Betonmauer aufbauen, berichtet der britische Journalist Matt Beynon Rees, der in Jerusalem lebt. Einen anderen Standort verweigern die Palästinenser bisher – sie wollen das emotionale Bild: Der Papst vor dem Symbol der israelischen Besatzung. Es ist sehr fraglich, ob sich Benedikt so vereinnahmen lässt.
In Nazareth, der Heimatstadt Jesus Christus, will der Papst eine Messe halten. Auch hier gibt’s Ärger, berichtet Rees: "Die Islamische Bewegung ließ Flugblätter verteilen, in der sie wegen der Mohammed-Rede zur Gewalt gegen Benedikt aufruft. Statt mit dem Papamobil soll der Papst in einer gepanzerten Limousine durch die Palästinensergebiete fahren." Der Vatikan bemüht sich, die politische Symbolik des Besuchs kleinzureden. Offiziell heißt es: "Er ist auf Pilgerreise."
A. Zoch