Belgien wählt gespalten - Komplizierte Regierungsbildung

Vor neun Jahren lieferte Belgien einen Weltrekord. 541 Tage dauerte es damals, bis nach der Parlamentswahl eine neue Koalition stand. Geht es dieses Mal schneller?
dpa |
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Die Zukunft des belgischen Premierministers Charles Michel ist völlig ungewiss.
Benoit Doppagne/BELGA/dpa Die Zukunft des belgischen Premierministers Charles Michel ist völlig ungewiss.

Brüssel - Nach den Parlamentswahlen in Belgien könnte das Königreich erneut vor einer monatelangen Regierungsbildung stehen. Nach Auszählung fast aller Stimmen fuhren die Regierungsparteien - Liberale und Christdemokraten - am Sonntag Verluste ein.

Gestärkt gehen der rechtsextreme Vlaams Belang aus Flandern sowie die flämischen und wallonischen Grünen aus der Wahl. Gut acht Millionen Belgier waren am Sonntag dazu aufgerufen, 150 Mitglieder der Abgeordnetenkammer in Brüssel zu bestimmen. Im französischsprachigen Süden wählten die Belgier eher links, im flämischsprachigen Norden deutlich rechts. Die Zukunft des liberalen Premierministers Charles Michel ist völlig ungewiss.

Dabei verpassten die Wähler den flämischen Nationalisten der N-VA einen saftigen Denkzettel. Die Partei, die die Regierung Ende 2018 im Streit über den UN-Migrationspakt verlassen hatte, bleibt mit rund 16 Prozent zwar stärkste Kraft im Land. Vor fünf Jahren kam sie aber noch auf mehr als 20 Prozent. Viele Wähler verlor die N-VA wohl an den rechtsextremen Vlaams Belang, der satte 8 Punkte auf knapp 12 Prozent zulegte. Bereits am Sonntagabend schlossen einige Politiker die Zusammenarbeit mit dem Vlaams Belang jedoch aus. Auch Michel schloss aus, mit extrem Rechten oder Linken zusammenzuarbeiten.

Die N-VA will langfristig eigentlich die Unabhängigkeit Flanderns. Im Wahlkampf hatte die Partei aber nicht für einen Separatismus getrommelt, sondern für einen "Konföderalismus", bei dem Flandern und die Wallonie Entscheidungen selbst treffen, im beiderseitigen Interesse bei manchen Fragen jedoch auch gemeinsam handeln können.

Die Partei von Premier Charles Michel, der liberale MR, kam noch auf rund 7,5 Prozent, ihr flämisches Pendant auf 8,5 Prozent. Michel hatte im Wahlkampf vor allem betont, mehr Jobs schaffen zu wollen, und den Klimawandel in den Vordergrund gestellt. Die Liberalen dürften im neuen Parlament 26 Sitze ergattern und damit hinter den beiden sozialdemokratischen Parteien mit 29 Sitzen landen.

Regierungsbildungen sind in dem Königreich traditionell kompliziert. Die Parteien haben mitunter jeweils eigene Ableger im flämischen Norden und in der französischsprachigen Wallonie im Süden. In der Koalition sollen Parteien aus beiden Teilen des Landes sein.

Nach den Wahlen vom Sommer 2010 hatte es in Belgien 541 Tage gedauert, bis Sozialisten, Christdemokraten und Liberale beider Sprachgruppen sich auf eine Koalition einigten, um ohne die N-VA eine Regierung bilden zu können - ein Weltrekord. 2014 stand die Koalition nach gut vier Monaten.

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