Beispiellose Wende

AZ-Redakteurin Anja Timmermann über die Folgen des Moratoriums

Wahrscheinlich werden wir nie mehr erfahren, ob Bundeskanzlerin Angela Merkel an jenem 14. März beim Verhängen des Moratoriums darauf spekuliert hat, dass an jenem 15. Juni kein Hahn mehr nach Fukushima kräht. Und man die Meiler einfach wieder hochfährt. Doch irgendwann ist sie zu der Erkenntnis gekommen, dass sie das nicht durchhält. Und ihre Partei einer beispiellosen Kehrtwende unterzogen – die viele immer noch staunen lässt und etwas ratlos macht.

Zum Beispiel gerade die Grünen. Man kann nachvollziehen, dass sie um ihr Alleinstellungsthema fürchten. Aber erstens: Je mehr einem die anderen nachhecheln, desto mehr wird doch die Glaubwürdigkeit des Originals gestärkt.

Und zweitens: Macht halt bitte mit. Der Ausstieg jetzt ist mindestens so ehrgeizig wie der von Rot-Grün. Dann sagt halt: Prima, dass es die von der Union nun auch endlich mal kapiert haben. Statt nun auf Teufel komm raus Gegenargumente zu suchen und an dem ureigensten Anliegen rumzukritteln. Es kommt nicht auf ein paar Monate hin oder her an, es kommt auf den grundsätzlichen Weg an. Es waren gerade immer die Grünen, die Inhalte vor Taktik gestellt haben: gerne auch jetzt. Und was die Union angeht: CSU-Chef Seehofer sagt, der Ausstieg sei für die Union das, was Hartz IV für die SPD war. Gemeint war: die Radikalität im Umdenken. Ob es für die Wahlergebnisse auch stimmt, wird man sehen.