Bayerns Grenzpolizei verstößt in Teilen gegen Verfassung

Das Aufsehen vor zwei Jahren war groß, als Bayern die Grenzpolizei wieder einführte - einer der Coups von Markus Söder. Vor allem die Grünen hielten das nicht für verfassungskonform und zogen vor das oberste Gericht im Freistaat. Das hat nun entschieden.
dpa |
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Eingang des Bayerischen Verfassungsgerichts im Justizpalast in München. (Symbolbild).
picture alliance / dpa/dpa Eingang des Bayerischen Verfassungsgerichts im Justizpalast in München. (Symbolbild).

München - Die vor zwei Jahren wiedereingeführte bayerische Grenzpolizei verstößt mit ihrer Arbeit teilweise gegen die Verfassung. Das teilte der bayerische Verfassungsgerichtshof am Freitag bei der Urteilsverkündung in München mit.

Die Befugnisse des Artikels 29 im Polizeiaufgabengesetz verstoßen demnach in Teilen gegen das Rechtsstaatsprinzip. Die generelle Wiedereinführung der Grenzpolizei beanstandeten die Richter aber nicht.

CSU-Chef Markus Söder hatte die 1998 aufgelöste Grenzpolizei nach seiner ersten Wahl zum Ministerpräsidenten wieder ins Leben gerufen. Sie war eines von vielen Prestigeprojekten, mit denen er der kriselnden CSU nach der Flüchtlingskrise neuen Boden unter den Füßen verschaffen wollte. Sein Plan war einfach: Die gerade in Grenznähe infolge der Zuwanderung vielerorts verunsicherten Bayern sollten ein neues Gefühl der Sicherheit erfahren und damit auch resistent werden gegen die rechtspopulistische AfD, die bei Wahlen immer mit der Angst vor Flüchtlingen auf Stimmenfang geht.

Die Landtags-Grünen halten die Grenzpolizei für verfassungswidrig, weil für den Schutz der deutschen Außengrenze allein die Bundespolizei zuständig sei. Nach vielen parlamentarischen Auseinandersetzungen entschieden sie sich für den Gang vor Bayerns oberstes Gericht.

Tatsächlich lief die Zusammenarbeit zwischen den bayerischen Grenzpolizisten und ihren Bundeskollegen bisher geräuschlos und unproblematisch. Für die Grünen ging es bei der Klärung aber um eine "verfassungsrechtliche Herzensangelegenheit", wie es der Landtagsabgeordnete Jürgen Mistol nannte. Aus Sicht von CSU und Staatsregierung ist die Arbeit der Beamten durch eine Rechtsvereinbarung mit dem Bund gedeckt. Da die Bundespolizei weiter federführend agiere, würden deren Kompetenzen nicht verletzt, so die Argumentation.

Bayern geht mit der Grenzpolizei einen umstrittenen Sonderweg. Sie war bereits 1948 eingeführt und unter anderem für die Kontrollen an Grenzübergängen und Flughäfen in Bayern eingesetzt worden. 50 Jahre später, nach dem Wegfall der Grenzkontrollen zur ehemaligen DDR, der Aufhebung der Kontrollen an der Grenze zu Österreich und der Aufweichung der Grenzsituation nach Tschechien wurde sie aufgelöst. Zum 1. August 2018 wurde sie dann im Zuge der Diskussion um Zuwanderung von Flüchtlingen wieder eingeführt.

Trotz des Urteils des Verfassungsgerichtshofs sieht Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) keine Probleme für die weitere Arbeit der bayerischen Grenzpolizei. "Im Kern ändert das an der Arbeit der Grenzpolizei nichts. Wir können in dem vollen Umfang, wie wir das in den letzten zwei Jahren getan haben, weiterarbeiten", sagte er am Freitag in München. Wie bisher bleibe die unmittelbare Grenzkontrolle Aufgabe des Bundes.

Herrmann betonte, dass die vom Gericht zuvor für nichtig erklärte Vorschrift im Artikel 29 des Polizeiaufgabengesetzes nicht für die Einführung der Grenzpolizei vor zwei Jahren neu geschaffen worden sei, vielmehr handele es sich um eine "alte Vorschrift, die schon seit Jahrzehnten besteht". Dass dies nun beanstandet worden sei, liege an einer Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts, die erst nach Beschluss des Gesetzes ergangen sei.

Herrmann lobte ausdrücklich die Arbeit der Grenzpolizei als Erfolg, in den vergangenen beiden Jahren seien 67 000 Straftaten, Verkehrsdelikte und weitere Fahndungen von ihr bearbeitet worden. Derzeit würden rund 700 Mitarbeiter in der Schleierfahndung eingesetzt. "Wir werden den Aufbau von insgesamt tausend Beamtinnen und Beamten in den nächsten drei Jahren konsequent fortsetzen. Wir sind davon überzeugt, die Grenzpolizei ist gut und wichtig und richtig", sagte er.

Für Herrmann, die Staatsregierung und auch die CSU-Landtagsfraktion sei das Entscheidende, dass das Gericht die grundsätzliche Einrichtung der Grenzpolizei als verfassungsgemäß eingestuft habe. Damit sei der "Frontalangriff der Grünen" gescheitert.

© dpa-infocom, dpa:200828-99-341216/4

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