Bayern will nach Atomwende Gas aus Russland importieren

Nach der Kehrtwende der Union in der Atompolitik will Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) eine deutsch-russische „Energiepartnerschaft“ für mehr Gasimporte vorantreiben.
von  dpa
In der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale: Horst Seehofer.
In der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale: Horst Seehofer. © dapd

Nach der Kehrtwende der Union in der Atompolitik will Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) eine deutsch-russische „Energiepartnerschaft“ für mehr Gasimporte vorantreiben.

Nowo Ogarjowo – „Es wird notwendig sein, dass wir gemeinsam mit Russland bei Energiegewinnung, Energieversorgung und Transport ein ganzes Stück weit enger zusammenrücken“, sagte Seehofer am Mittwoch nach einem Treffen mit Russlands Regierungschef Wladimir Putin in dessen Residenz Nowo Ogarjowo. Wenn die Grundlastversorgung gewährleistet sein solle, „dann geht das nicht ohne Gas“.

Putin brachte nach Seehofers Angaben unter anderem Flüssiggaslieferungen und den Transport mit Schiffen ins Gespräch. Die russische Regierung würde Transitländer wie die Ukraine demnach am liebsten umgehen. Seehofer versuchte, eine Befürchtung wachsender Abhängigkeit von russischen Energielieferungen zu dämpfen. „Das ist eine gegenseitige Abhängigkeit“, sagte der CSU-Chef.

Auch Putin habe darauf hingewiesen, dass Produzent und Abnehmer gegenseitig aufeinander angewiesen seien. Hintergrund: Während Deutschland aus der Atomkraft aussteigen will, möchte Russland die Kernenergie stark ausbauen – mit dem strategischen Hintergedanken, dann noch mehr Öl und Gas exportieren zu können. Deswegen kommen die deutschen Ausstiegspläne den Russen keineswegs ungelegen.

Putin hob zu Beginn des Gesprächs mit Seehofer die guten deutsch-russischen Beziehungen als „erfolgreich“ hervor. „Einen wesentlichen Beitrag zu diesen positiven Beziehungen leisten gerade die Unternehmen, die aus Bayern kommen“, sagte Putin.

Ein bayerisches Unternehmen steht offenbar besonders im Fokus: Siemens, dessen Vorstandsvorsitzender Peter Löscher bei dem Gespräch neben Seehofer saß. Auch hier spielt die Atomkraft eine Rolle: Die russische Regierung ist dem Vernehmen nach besorgt, dass der Siemens-Konzern nach seinem Ausstieg aus dem bisher gemeinsam mit dem französischen Unternehmen Areva betriebenen Atomgeschäft nun auch ein geplantes Gemeinschaftsunternehmen mit Rosatom aufkündigen könnte.

Neben Löscher war deswegen auch Rosatom-Vizechef Alexander Lokschin bei dem Gespräch dabei, ebenso Energieminister Sergej Schmatko. Seehofer äußerte sich anschließend jedoch nicht zu diesem Teil des Gesprächs. Siemens hofft auf einen neuen Großauftrag für die auf ICE-Basis entwickelten „Sapsan“-Hochgeschwindigkeitszüge.

Allerdings ging es auch nicht nur um Gas und Atomkraft – Putin brachte offensichtlich auch einen konkreten Wunsch vor. Die russische Regierung hofft, dass BMW ein Werk in Russland baut. BMW-Produktionschef Frank-Peter Arndt war ein weiterer Teilnehmer des Treffens. Putin wolle erreichen, „dass wir Russland nicht nur als Markt betrachten, sondern dass hier auch Wertschöpfung stattfindet“, sagte Seehofer. „BMW hat das wohl auch im Auge.“

Seehofer ist zum ersten Mal in Russland und hat in den vergangenen Tagen eine Serie von Gesprächen mit neun Spitzenpolitikern von Präsident Dmitri Medwedew über Putin und mehrere Minister bis zum Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin geführt. „Ich denke, wir haben beste Beziehungen zwischen Deutschland und der russischen Föderation“, sagte Seehofer. „Und Bayern ist ein wesentlicher Teil Deutschlands.“

 

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