Bayern-Piraten ohne Frauen
Ein Ungleichgewicht: Für die Landtagswahl 2013 kandidieren für die Piraten 42 Männer - aber nur eine Frau. Die Euphorie nimmt ab.
München - Die Piraten wollen über den Geschlechtern schweben. Ihre Mitglieder müssen nicht angeben, ob sie männlich oder weiblich sind. Ziel soll die absolute Gleichberechtigung sein. Doch damit schaut’s schlecht aus: Für die Landtagswahl 2013 bewerben sich auf der Oberbayernliste bisher 42 Männer. Und eine einzige Frau!
In den Bundestag wollen 96 Piraten aus dem Freistaat ziehen, aber nur sieben Frauen. Ihre prominenteste Piratin ließen die weiß-blauen Freibeuter ziehen. Julia Probst, die gehörlose Lippenleserin, die verriet, was Bundestrainer Jogi Löw bei der EM über Schweinsteiger & Co. fluchte, kandidiert in Baden-Württemberg auf Platz 3 der dortigen Bundestagsliste. „Wenn’s um Posten geht, ist das Patriarchat schnell unter sich“, frotzelt Bayerns Grünen-Chef Dieter Janecek.
Eine Quote innerhalb ihrer Partei lehnen die Piraten strikt ab. „Ob wir eine in der Wirtschaft wollen, wissen wir noch nicht“, sagt Bayerns Piraten–Chef Stefan Körner. Da werde noch heiß diskutiert. Dass er Julia Probst einfach hat ziehen lassen, werfen ihm viele in der Partei vor. Sie hatte sich an ihren heimatlichen Stammtisch in Neu-Münster nicht richtig aufgehoben gefühlt und sich für eine Kandidatur auf der andere Seite der Grenze entschieden.
Dass es in Sachen Frauen sogar bei der Macho-Partei CSU noch besser aussieht, als bei den Freibeutern, schockt Michèle Moser. Die Münchner Studentin ist die einzige Piratin, die sich in Oberbayern, wo Horst Seehofer die schwarze Liste anführt, für den Landtag bewirbt. „Da sind wir mit der CSU natürlich in keiner guten Gesellschaft“, sagt sie. Parteichef Stefan Körner weist auf die Vorstandswahlen von letzter Woche hin: „Da wurden fünf Männer und drei Frauen gewählt. Und ganz ohne Quote.“
Rund 7000 Mitgliedern haben die bayerischen Piraten. Sie sind damit der größte Landesverband. Die Hälfte allerdings zahlt keine Beiträge. Erst kürzlich wurden vom Schatzmeister 3500 Zahlungserinnerungen herausgeschickt. In Bayern nimmt der Wind in den Segeln der Piraten derzeit ab. Nach der Euphorie würden sie nach der jüngsten Emnid-Umfrage, die von der CSU in Auftrag gegeben wurde, gerade noch mit fünf Prozent im Landtag anlegen.
Horst Seehofer setzt bei seiner Strategie voll auf die Hilfe der Freibeuter. Scheitern sie mit der FDP an der Fünf-Prozent-Hürde, verhelfen sie der CSU zur Alleinregierung. Schaffen sie’s ins Parlament, wird es nicht zu einem Dreier-Bündnis von SPD, Grünen und Freien Wählern kommen – auch wenn’s mit Duldung der Piraten zu einem Machtwechsel reichen könnte. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger hat bereits erklärt: Er werde sich niemals von den Piraten tolerieren lassen. Dann regiert er halt mit der CSU. Angela Böhm