Bayerische Regierung: Die Tricks beim Haushalt

MÜNCHEN - Wie sich die bayerische Regierung ihren Etat mit allerlei Findigkeiten und kreativen Buchungen so schönrechnet, dass er ohne Schulden auskommt. Die Opposition spricht von „Blendwerk“.
Mit dem „Landeserziehungsgeld“ wollte die bayerische Regierung den Babyboom anheizen. Doch genauso wie das Elterngeld aus Berlin konnte auch das weiß-blaue Zuckerl den Rückgang der Geburtenrate nicht stoppen. 23,2 Millionen Euro, etwa ein Viertel des geplanten Baby-Topfs, bleiben übrig. Die schlug Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon im Doppelhaushalt 2011/2012 ganz geschickt den „Sparmaßnahmen“ zu: „Unsere Bevölkerung wird weniger. Wir können keine neuen Schulden mehr machen, weil die immer weniger Schultern tragen.“ Gestern legte er das Zahlenwerk dem Landtag vor.
Für die Opposition ist das Blendwerk und Propaganda. „Etikettenschwindel“, geißelt SPD-Finanzexperte Volkmar Hartleib den schwarz-gelben Haushalt. „Täuschungsmanöver“ nennt ihn die Grünen-Abgeordnete Claudia Stamm. Denn bei den Zahlen wurde getrickst auf Teufel komm raus.
Null Schulden: Dafür will Fahrenschon nicht nur das letzte Tafelsilber, die Eon-Aktien, verkaufen. Er zahlt auch nichts in den Pensionsfonds für Beamte ein. Die rasant steigenden Kosten für pensionierte Staatsdiener können ja spätere Generationen schultern. Auch die Landesbank lässt er unter den Tisch fallen. Zehn Milliarden Euro Schulden musste Bayern zur Stützung seiner Staatsbank aufnehmen. „Da ist es doch eine krasse politische Lüge“, sagt Hartleib, „wenn die Staatsregierung behauptet, sie komme zum sechsten und siebten Mal in Folge ohne neue Schulden aus“.
Neue Lehrer: Jedes Jahr propagiert die Staatsregierung 1000 zusätzliche Lehrer. Das funktioniert so: Erst wurden alle Lehrer-Stellen gestrichen, die durch das G 8 heuer frei werden. Dann wurden großzügig wieder 1553 neue Lehrer-Planstellen präsentiert. Für das Schuljahr 2012/13 gibt’s einmal 1320 neue Lehrer und dazu nochmal 1000. Nur: Da hat Seehofer den Beamten auch die Arbeitszeit verkürzt.
Sparpaket: 1,8 Milliarden Euro mussten die Ministerien einsparen. Im Innenministerium wurde ein nicht beschaffter Polizeihubschrauber in die Streichliste aufgenommen. Im Wirtschaftsministerium zehn Millionen aus dem gefeierten „Clusterprogramm“, die übrig sind, weil das Projekt nicht richtig anlief. Aus dem Sozialministerium gab’s sechs Millionen von der „Sprachförderung im Kindergarten“ – einer Ausbildung für Kindergärtnerinnen. Die aber haben den Kurs schon alle absolviert.
Aufbruch Bayern: Damit macht Seehofer überall Werbung. Für Grünen-Fraktionschef Thomas Mütze sind das „Kaisers neue Kleider“: „66 Haushaltsstellen wurden zusammengesucht und bekamen ein neues Label aufgepappt. “
Geld-Regen: Das Weihnachtsgeschäft schwappte dem Freistaat unerwartete 500 Millionen Euro in die Kasse. Ein bisserl was will Seehofer davon in die Schlaglöcher stecken, den Großteil aber zurücklegen, statt es für „Sinnhaftes oder weniger Sinnhaftes auszugeben“. Dazu gehören auch sein Neujahrsempfang und das Oktoberfest in Berlin. Nichtmal mehr die Bürger will Seehofer noch in seine Staatskanzlei lassen. Auch der Tag der offenen Tür wird gestrichen. Angela Böhm
Was Bayern wofür ausgibt
Die Zahlen steigen: Heuer wird der Freistaat 42,7 Milliarden Euro ausgeben, nächstes Jahr 43,1 Milliarden Euro. Schwerpunkte sind Familien und Bildung. Die familienbezogenen Leistungen steigen um rund zehn Prozent auf 2,2 Milliarden Euro in 2012. Bei der Bildung gibt Bayern jährlich 15,3 Milliarden Euro aus – zwei Milliarden mehr als 2008. Den dicksten Brocken verschlingen die Personalkosten mit heuer 17,6 Milliarden Euro – gut 40 Prozent des Haushalts. Der Freistaat hat im Vergleich zu den anderen Flächenländern die geringsten Schulden: Auf jeden Bayern kommen 1802 Euro Miese. Das Landesbank-Desaster bürdet jedem zusätzliche 799 Euro Schulden auf. Macht zusammen: 2601 Euro.