Bayerische Landtagsabgeordnete: Heimlich in die Wüste

Einer vergisst den Pass, einer klagt über Hitze und Klimananlagen, ein dritter wird knackig braun – was bayerische Landtagsabgeordnete auf ihrer Geheimreise nach Dubai und Abu Dhabi erleben.
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MÜNCHEN - Einer vergisst den Pass, einer klagt über Hitze und Klimananlagen, ein dritter wird knackig braun – was bayerische Landtagsabgeordnete auf ihrer Geheimreise nach Dubai und Abu Dhabi erleben.

Sie sind so geheim, dass es sie eigentlich gar nicht gibt: In einem abhörsicheren Raum des Maximilianeums tagen die sieben Landtagsabgeordneten des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG). Ihre Handys müssen sie ausschalten. Mitschreiben dürfen sie nichts. Und erzählen schon gar nichts. Sie sind zur strikten Geheimhaltung verdonnert. Schließlich kontrollieren sie ja den bayerischen Geheimdienst, das Landesamt für Verfassungsschutz. Nicht geheim blieb jetzt aber eine Geheimreise. Das Trüppchen startete kürzlich nach Abu Dhabi und Dubai. Da blieb der erste der Geheimkontrolleure schon am Münchner Flughafen auf der Strecke.

Ausgerechnet seinen Pass hatte der Experte der Liberalen, Andreas Fischer, vergessen. Zwar setzte der FDP- Jurist alle Hebel in Bewegung, dass sein Pass noch zum Schalter gebracht wurde – 35 Minuten vor Abflug. Die arabische Fluglinie Etihad blieb stur: Der Landtagsabgeordnete darf erst am nächsten Tag fliegen. Darauf hatte Fischer keinen Bock. Er blieb in München.

Seine Kollegen spähten unterdessen in Abu Dhabi das Emirates Palace, ein Luxushotel wie aus Tausendundeiner Nacht, aus. Selbst mussten sie allerdings in einem Mittelklassehotel logieren. Sie schnüffelten in der Wüste herum, begutachteten heiße Quellen und staunten über die weiße Mega-Moschee, die drittgrößte der Welt, und einer der wenigen Sightseeing-Punkte des Emirats. Für einen Tag ging’s nach Dubai. Dort wurde die Luft für die Geheimdienst-Kontrolleure dünn. Sie ließen sich einen Blick vom Burj Khalifa, dem höchsten und spektakulärsten Wolkenkratzer der Welt, nicht entgehen und das Mega-Einkaufszentrum daneben auch nicht.

Natürlich gab’s auch noch Gespräche mit Scheichs, dem Innenministerium, dem Botschafter und Vertretern der Konrad-Adenauer-Stiftung. Schließlich wollten sie ja „einen Eindruck von einer arabischen Gesellschaft“ bekommen und sich ein Bild machen, wie dort mit dem Islam umgegangen wird. Susanna Tausendfreund (Grüne) war geschockt über den dortigen Überwachungsstaat: Am Flughafen, in jeden Hotel und Einkaufszentrum werde man gescannt. Keine Bewegung bleibe unentdeckt, klagte sie nach der Reise und brach ihr Schweigen. Gremiums-Vize Stefan Schuster (SPD) klagte über die Hitze: „46 Grad und drinnen alles auf 18 Grad heruntergekühlt, von einer Vergnügungstour kann keine Rede sein.“ Ex-Justizminister Manfred Weiß (CSU) überraschte nach der Reise im Landtag mit einer satten Urlaubsbräune.

Vom Landtag gab es zu der sechstägigen Reise kein Programm und keine Stellungsnahme. Ein Sprecher: „Bei denen ist alles geheim.“

Anders beim Ausschuss für Verfassung und Verbraucherschutz. Der war in der letzten April-Woche für acht Tage in Vietnam und ließ keinen der Anziehungspunkte für Touristen aus. Man fuhr für einen Tag in die Halong Bucht im Norden. Im Süden besuchte man die Cu Chi Tunnel, die der Vietcong während des Vietnamkriegs unter dem US-Hauptquartier gebaut hatte. Für die Genehmigung der Reise hatte der Ausschuss eine seitenlange Begründung geliefert. Unter anderem wollten sich die Volksvertreter über die Rahmenbedingung für bayerische Unternehmen in Vietnam erkundigen. Landtagspräsidentin Barbara Stamm: „In einer globalisierten Welt steht es nicht nur den Mitgliedern einer Regierung zu, sich in anderen Ländern zu informieren. Der unmittelbare Meinungs- und Erfahrungsaustausch vor Ort ist für die parlamentarische Arbeit unabdingbar.“ Angela Böhm

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