Bankenschließung in Griechenland? - Ansturm auf Geldautomaten
Brüssel/Athen - Griechenland schlittert unter seinem kämpferischen Regierungschef Alexis Tsipras immer tiefer in die Krise. Nach dem Scheitern der Verhandlungen mit den Geldgebern stand am Sonntag die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt im Fokus, die Nothilfen für die griechischen Banken entweder weiter aufrechtzuerhalten oder aber zu kappen.
Am Nachmittag dann die Nachricht: Die EZB hält die Notkredite für die griechischen Banken weiter aufrecht. Der aktuelle Stand: rund 90 Milliarden Euro. Das teilte die Notenbank nach Beratungen des EZB-Rates in Frankfurt mit.
Zuvor machten in Finanzkreisen das Wort von einem "schwarzen Montag" in Griechenland die Runde. Offen blieb zunächst, ob die Banken regulär geöffnet sein würden. Viele Griechen suchen in diesen Tagen den Weg zum Geldautomaten und heben ihr Erspartes ab. Zu unischer erscheint ihnen die Finanzlage ihres Landes. Dadurch geraten die Banken noch mehr unter Druck.
An interesting time to be in #Greece. #ATM #Artemida #Greferendum #ATMlineup #EU #euro2015kg pic.twitter.com/wflwWgZL6c
— Ashley Smith (@Ashley_Realtor)
27. Juni 2015
Humour grec “@libo_libo: ????????????!!!!!!! ????? ??!! pic.twitter.com/ul3KfHvQSq”
— Marcel Sel (@marcelsel) June 28, 2015
No good sign: a queue even at the ATM inside the Athens parliament. #Greece pic.twitter.com/ObZUVDiRxZ
— Zacharias Zacharakis (@zacys)
27. Juni 2015
The lines in front of ATMs getting longer! Guess that's what a bank run looks like... #GreeceCrisis #Greece #ATM pic.twitter.com/jB4QYvgD0K
— Oliver Lackner (@oliver_lackner)
27. Juni 2015
Nicht nur der Run auf die Geldautomaten zwingt das gebeutelte Land in die Knie. Weitere Tiefschläge drohen schon am Dienstag. Dann steht eine Rückzahlung an den Internationalen Währungsfonds über etwa 1,5 Milliarden Euro an, und es ist unklar, ob die Regierung in Athen diese noch leisten kann oder will.
Zugleich endet das zweite Hilfsprogramm der internationalen Geldgeber ersatzlos. Die Euro-Finanzminister hatten am Samstag eine Verlängerung über den 30. Juni hinaus abgelehnt. "Es ist zwar sehr bedauerlich. Aber das Programm wird dennoch am Dienstagabend auslaufen (...) Das ist die letzte Phase gewesen, wo noch eine Einigung möglich gewesen wäre", sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem am Samstag in Brüssel.
"Plan B wird nun zu Plan A", sagte der finnische Außenminister Alexander Stubb. Mit Plan B ist möglicherweise die Staatspleite und ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone gemeint. Die Eurogruppe wollte das Hilfspaket nicht verlängern, nachdem der griechische Regierungschef Tsipras überraschend ein Referendum über die Sparforderungen der Geldgeber angekündigt und zugleich zur Ablehnung der Vorschläge aufgerufen hatte.
Das Parlament in Athen setzte die Volksabstimmung dann in der Nacht zum Sonntag dennoch wie von Tsipras gefordert für den 5. Juli an. Dabei sollen die Menschen über das von den Geldgebern vorgelegte Spar- und Reformpaket abstimmen, obwohl es dieses Hilfs-Angebot dann nicht mehr gibt. Allerdings sagte die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, der BBC, wenn es dabei ein "überwältigendes Ja" geben sollte, dann hieße die Antwort der Geldgeber: "Lasst es uns versuchen".
"Ich werde mir nicht von Herrn (Wolfgang) Schäuble die Erlaubnis für eine Volksabstimmung einholen", sagte Tsipras zu Bedenken über den Sinn des Referendums. "Die Würde eines Volkes ist kein Spiel." Tsipras rief seine Landsleute dazu auf, die Vorschläge der Geldgeber abzulehnen. Zugleich betonte er, niemand könne Griechenland aus dem Euro drängen.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier übte in einem Gespräch mit der "Welt am Sonntag" harsche Kritik an der griechischen Regierung. "Ich verstehe nicht, wie eine gewählte griechische Regierung seinem Volk empfiehlt, den europäischen Vorschlag abzulehnen und die Menschen in Griechenland damit in Geiselhaft nimmt, um Europa weitere Konzessionen abzutrotzen", sagte er. "Der Zickzackkurs der griechischen Regierung in den letzten Stunden und Tagen macht einen doch fassungslos."
Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem sagte nach einem Krisentreffen am Samstag: "Angesichts der Situation müssen wir mit Bedauern zu dem Schluss kommen, dass das Programm Dienstagnacht ausläuft." Damit würden bereitstehende Hilfen der Europäer und des IWF für Athen von insgesamt gut 18 Milliarden Euro verfallen.
Lesen Sie hier: Tsipras: "Niemand kann uns aus Euro drängen"
Nach Einschätzung der Eurogruppe zwingt das Ende des Programms die Athener Regierung zu Notmaßnahmen. Dijsselbloem zufolge soll es technische Hilfe von den Geldgeber-Institutionen geben, um die Stabilität des griechischen Finanzsystems zu sichern.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bekräftigte wie seine Kollegen, dass Griechenland Mitglied der Euro-Zone und Teil der EU bleibe. Allerdings steuere Griechenland nun auf akute Schwierigkeiten zu. Es werde schwierig für Athen, Verpflichtungen zu erfüllen. "Die Enttäuschung ist schon sehr groß. Das ist kein guter Tag", sagte Schäuble weiter.
Als eine der wenigen eher noch etwas optimistischen Stimmen meldete sich EU-Währungskommissar Pierre Moscovici am Samstagabend in Brüssel zu Wort: "Für mich und die Kommission bleibt Griechenland ein Euro-Land."
Und wie immer zuversichtlich gab sich auch Griechenlands Finanzminister Gianis Varoufakis. Er nahm speziell Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Pflicht. Der "Bild"-Zeitung (Montag) sagte er im Hinblick auf die CDU-Politikerin: "Die Regierungschefs der EU müssen handeln. Und von ihnen hält sie als die Vertreterin des wichtigsten Landes den Schlüssel in der Hand." Er betonte, Athen sei für ein neues Angebot seiner Gläubiger immer noch offen. Über dieses könnte dann beim Referendum abgestimmt werden.