„Balsam für die Seele“
KUNDUS - Verteidigungsminister Guttenberg begeistert die deutschen Soldaten in Afghanistan - auch mit seinem Eingeständnis: "Hier ist nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen"
Er kam, sah und siegte – zumindest in der Gunst der Soldaten: Bei der ersten Afghanistan-Reise konnte der neue Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mit seinem Auftritt stark punkten – gerade auch mit seinen ehrlichen Eingeständnissen: „Hier ist nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen.“
Seine Besuche in den Bundeswehrlagern – ob am Donnerstag Abend in Masar-i-Sharif oder am Freitag Vormittag in Kundus – „glichen dem Auftritt eines Popstars“, notierten staunend mitreisende Korrespondenten. Ständig wurde er nach Autogrammen gefragt; wenn er noch mit einem Soldaten für ein Foto posierte, umringten ihn schon die nächsten mit der gleichen Bitte. Und fotogen ist der junge Freiherr ohnehin.
Aber es ist nicht nur die Optik, sondern vor allem der Ton: Schon, dass er die Zustände ehrlich als „kriegsähnlich“ bezeichnet und sich nicht wie sein Vorgänger Franz Josef Jung darum gedrückt hat, rechnen ihm die Soldaten hoch an: „Das ist Balsam für unsere Seele“, sagt ein Offizier in Kundus. „Das trifft den Kern. Es ist gut, dass der Minister Tacheles redet, damit man versteht, dass es hier nicht nur rosarot zugeht.“
Im gleichen Tonfall machte Guttenberg vor Ort weiter: „Hier ist nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen. Afghanistan wird uns sicher noch eine Weile fordern.“ Und, auch das ein kleiner Tabubruch: „Der Einsatz muss in absehbarer Zeit verzichtbar sein.“ Die Bundesregierung werde Kabul deutlich machen, „dass uns Lippenbekenntnisse nicht genügen“. Angerechnet wird ihm bei den Soldaten auch, dass er sich hinter den Oberst gestellt hat, der den Luftangriff auf die Tanklastzüge angeordnet hat. Ein Soldat in Kundus: „Das spricht uns aus der Seele.“ Zu den toten Zivilisten könne er nur sagen: „Wer sich mit den Taliban herumtreibt, paktiert auch mit ihnen.“
Und noch einen Wunsch erfüllte Guttenberg den Soldaten: Er schickt die lange geforderte Verstärkung. Ab Januar sollen 120 weitere Soldaten anrücken. Sie sollen die 450 Einsatzkräfte verstärken, die für den Schutz des Lagers und eben den Kampf gegen die Taliban da sind – dann könnten sich die übrigen stärker dem Wiederaufbau widmen.
Wie prekär die Lage ist, merkte der Minister auch selbst: Nach seiner Abreise in Kabul passierte dort ein Anschlag, vor seiner Ankunft in Kundus gaben Bundeswehrschützen Warnschüsse über unsicherem Gelände ab, um seine Landung zu sichern.
Nur bei einem Punkt mochten die Soldaten ihrem jungen Dienstherren nicht so recht folgen: Man dürfe dem „Soldatentum nicht kühl nachgehen“, sondern solle Emotionen spüren und zulassen. Da grinsten sie eher verlegen.tan
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