Lebenslauf-Kritik: Göring-Eckardt stärkt Baerbock den Rücken

Für die Grünen steht ein wichtiges Wochenende an. Bei ihrem Parteitag soll das Wahlprogramm verabschiedet werden. In Sachen Lebenslauf will Grünen-Chefin Baerbock erstmal einen Schlussstrich ziehen.
dpa |
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Co-Parteichef Robert Habeck beim Parteitag zu den Delegierten.
Co-Parteichef Robert Habeck beim Parteitag zu den Delegierten. © Kay Nietfeld/dpa
Berlin

Die Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, hat der Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock in Bezug auf die Kritik an ihrem Lebenslauf den Rücken gestärkt.

Fehler seien menschlich, der Umgang damit aber das Entscheidende, sagte Göring-Eckardt am Freitag im Deutschlandfunk. Baerbock habe die Fehler sofort eingeräumt und sich entschuldigt. Die Glaubwürdigkeit der designierten Kanzlerkandidatin bleibe gewahrt, betonte Göring-Eckardt. "Das ist ihre absolute Stärke, dass sie sich in den Wind stellt und dass sie sagt "ja, ich nehme es auch auf meine Haut und trotzdem mache ich weiter. Trotzdem kämpfe ich weiter um das, worum es jetzt geht"."

Göring-Eckardt verwies zudem auf Ungereimtheiten bei den Kanzlerkandidaten von Union und SPD: Armin Laschet (CDU) habe "Klausuren verdaddelt und hat dann Zensuren erfunden", Olaf Scholz (SPD) stehe "in Untersuchungsausschüssen unter Beschuss".

Noch einmal werde sie Details aus ihrem Lebenslauf nicht richtigstellen müssen, betonte Baerbock zuvor. Die Frage, ob die Korrekturen damit abgeschlossen seien, bejahte sie am Donnerstagabend in der ARD-Sendung "Farbe bekennen".

Die Frage "Warum machen Sie sich toller als Sie eigentlich sind?" wehrte die designierte Kanzlerkandidatin der Grünen ab. "Das hab' ich so nicht gemacht." Sie habe wichtige berufliche Etappen und ihre Verbindungen zu Vereinen und Organisationen im Lebenslauf auf ihrer Website "sehr komprimiert" dargestellt.

Baerbock hatte auf ihrer Website unter Mitgliedschaften zunächst unter anderem die Transatlantik-Stiftung German Marshall Fund und das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR aufgeführt. Später wurde die Seite geändert, die Überschrift lautet statt "Mitgliedschaften" nun "Beiräte, (Förder-)Mitgliedschaften, regelmäßige Unterstützung".

"Das war offensichtlich sehr schlampig", sagte Baerbock. "Ich habe da offensichtlich einen Fehler gemacht, und das tut mir sehr, sehr leid, weil es ja eigentlich in diesen Momenten um große andere Fragen gerade in unserem Land geht."

Die Grünen treffen sich von Freitag an zu einem dreitägigen digitalen Parteitag. Sie wollen das Wahlprogramm beschließen und Baerbock als Kanzlerkandidatin bestätigen. Co-Parteichef Robert Habeck erwartet eine "fulminante" Unterstützung für Baerbock und ein "starkes Signal" der Solidarität. Die Grünen sind in Umfragen wieder deutlich hinter die Union zurückgefallen.

Habeck warnte die Delegierten unterdessen vor unrealistischen Forderungen. "Der Wahlkampf ist ein sehr besonderer. Da sollte möglichst wenig schief gehen", sagte Habeck dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Freitag). "Was wir beschließen, sollte umsetzbar sein. Wenn wir wissen, dass etwas nicht klappen kann, sollten wir es nicht beschließen." Die Grünen wollten regieren und seien "ambitioniert bis zum Anschlag, aber nicht darüber hinaus", sagte Habeck. "Wir sind pragmatisch und spielen nicht Wünsch-Dir-was."

Habeck verwies unter anderem auf Anträge zum Wahlprogramm, den CO2-Preis noch stärker steigen zu lassen als dies der Vorstandsvorschlag vorsieht. Schon dieser geht über die Zielmarken der Koalition hinaus. Auch einem Änderungsantrag, der ein Ende des Diesel-Motors bereits 2025 fordert, erteilte Habeck eine Absage.

Nach Baerbocks Nominierung im April lagen die Grünen in Umfragen zeitweise vor der Union bei 28 Prozent. Im aktuellen ARD-Deutschlandtrend von infratest dimap steht die Partei nun hingegen bei 20 Prozent, die CDU/CSU bei 28 Prozent. Auch im Direktvergleich der drei Kanzlerkandidaten lag Baerbock zeitweise vorn. 28 Prozent der Befragten hätten sich im Mai für sie entschieden, wenn die Kanzlerin direkt wählbar wäre - aktuell landet Baerbock mit deutlichen Verlusten mit 16 Prozent auf Platz drei hinter CDU-Kandidat Armin Laschet und SPD-Kandidat Olaf Scholz.

Mit Blick auf die einstigen 28 Prozent persönliche Zustimmung sagte Baerbock: "So heilig war ich nie, sondern alle machen Fehler." Dafür habe sie schmerzlich bezahlt, was man auch in den Umfragen sehe.

© dpa-infocom, dpa:210611-99-947546/4

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5 Kommentare
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  • Bongo am 11.06.2021 22:46 Uhr / Bewertung:

    Daß Göring-Eckardt der Baerbock den Rücken stärkt, ist ja wohl eine Selbstverständlichkeit. Hilft aber eh nichts, weil sich Baerbock mit ihrer Forderung nach noch höheren Benzinpreisen bereits ins Abseits geschossen hat. Der Kampf ums Kanzleramt ist damit gelaufen, Laschet wird’s freuen.

  • Der wahre tscharlie am 12.06.2021 14:33 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Bongo

    Etwas zur Richtigstellung.
    Die Grünen wollen ein CO2 Bepreisung von 60 Euro.
    Die Union/CDU eine von 55 Euro.
    Somit ist nicht ersichtlich, wer sich da ins Abseits geschossen haben soll.
    Gut, die CSU hat bei der Union auch noch ein Wort mitzureden, und ich bin mir sicher, dass schon daran gearbeitet wird, wie man da ohne großen Gesichtsverlust raus kommt.

  • Ach so am 11.06.2021 18:49 Uhr / Bewertung:

    Wer sich vor allem immer als Moralapostel bei andern aufführt, der fällt dann bei eigenen „Fehlern“ (wo Baerbock doch so genau und zielstrebig ist, soll sowohl der falsche Lebenslauf als auch die nicht gemeldeten Zahlungen vergessen worden sein? Wer soll das glauben?) eben besonders tief. Abgeborchene Ausbildungungen /Studiengänge gibt es ja genügend unter den Grünen.
    Aber wie bei vielem bei den Grünen: ihre Forderungen gelten scheinbar immer nur für die anderen. Fluege, große Autos , Benzin, Eigenheime usw. soll, wenn schon nicht alles (aber einiges) verboten, dann so teuer gemacht werden, dass es sich der normale Bürger nixht mehr leisten kann. Dabei sind sie im Bundestag die Vielflieger, fahren die meisten SUVs, haben sicher schon ihre eigenen Häuser .
    Aber Hauptsache, sie geben vor, wie die anderen sich einschränken sollen.

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