AZ-Wahlstammtisch mit Franz Maget: „Bayern ist nicht die CSU“

AZ-Leser fragen, die Spitzenkandidaten antworten: Beim AZ-Stammtisch offenbart der SPD-Herausforderer überraschende Einsichten zu niedrigen Einkommen, der bayerischen Bildungspolitik - und den eigenen Wahlchancen
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Im Gespräch mit AZ-Lesern Daniel Küstner und Linda Sauer: SPD-Kandidat Franz Maget
Gregor Feindt Im Gespräch mit AZ-Lesern Daniel Küstner und Linda Sauer: SPD-Kandidat Franz Maget

AZ-Leser fragen, die Spitzenkandidaten antworten: Beim AZ-Stammtisch offenbart der SPD-Herausforderer überraschende Einsichten zu niedrigen Einkommen, der bayerischen Bildungspolitik - und den eigenen Wahlchancen

EVA PROBST: Das mit den zwei Maß hätte Herr Beckstein doch nicht sagen dürfen. Oder, Herr Maget?

FRANZ MAGET: Zwei Maß sind eben auch einfach zu viel zum Autofahren. Die wenigsten Leute wissen: Wenn man mit 0,2 Promille hinterm Steuer sitzt, ist man bei einem Verkehrsunfall immer schuld.

SABINE CHRISTMANN-MÜLLER: Die Versicherung zahlt auch nichts. Können Sie verstehen, dass Beckstein so was in der Hitze des Wahlkampf-Gefechts rausrutscht?

MAGET: Ich denke, er wollte die Leute im Bierzelt für sich gewinnen, sie zum Klatschen bringen, und da hat er sich verleiten lassen.

AZ: Ob unsere Stammtischgäste für Ihren Auftritt im TV-Duell Beifall klatschen...

GERHARD HERTEL: Mir hat die Tiefe in dem Gespräch gefehlt. Dafür war es zu kurz.

MAGET: Das fanden Beckstein und ich auch schade. Jeder von uns hätte gern noch andere Themen angesprochen. CHRISTMANN-MÜLLER: Mir hat das Emotionale gefehlt.

DANIEL KÜSTNER: Ich habe es nicht angeschaut.

CHRISTMANN-MÜLLER: Mir schien es, als sei Beckstein während des Gesprächs immer kleiner geworden.

MAGET: Er war müde.

LINDA SAUER: Sie etwa nicht?

MAGET: An diesem Abend war ich es nicht.

PROBST: Ich finde, Sie haben gegenüber Beckstein geglänzt.

"Beckstein hat Angst"

MAGET: Er hat Angst, dass er die magische 50-Prozent Marke nicht erreicht. Und ich hatte fast das Gefühl, dass er sich damit abgefunden hat. Er hätte mehr kämpfen müssen.

AZ: Und nun das Duell mit den AZ-Lesern.

PROBST: In meiner Metzgerei merke ich, dass bei Familien das Geld knapper wird. Wie möchten Sie denn unsere Leistungsträger entlasten?

MAGET: Viele Leute verdienen viel zu wenig. Die müssen ihre Wurst beim Aldi einkaufen, können nicht zum Metzger gehen. Den Unteren müssen wir mehr Geld geben.

PROBST: Aber ich meine jetzt eben nicht die Unteren.

MAGET: Für die Familien ist die CSU-Politik teuer geworden. Besonders für diejenigen, die Kinder in der Ausbildung haben, beispielsweise durch die Studiengebühren.

SAUER: Ich bin Studentin. Es trifft vor allem die Komilitonen mit wenig Geld. Und dann soll man als Nichtverdiener einen Kredit aufnehmen. Das ist doch absurd. Was können wir Studenten von einem SPD–Ministerpräsidenten erwarten?

MAGET: Studiengebühren würden wir abschaffen. Klassen müssen kleiner werden. Außerdem bin ich Anhänger der freiwilligen Ganztagsschule. Als Modellversuch würde ich eine längere gemeinsame Schulzeit ausprobieren.

DANIEL SCHLEIF: Wie soll das denn finanziert werden? Die CSU verspricht ja mehr netto für alle.

"Mir braucht man doch nichts zu geben"

MAGET: Die Rechnung der CSU geht auch nicht auf. Da werden ja nur die Oberen entlastet. Ich verdiene 10000 Euro im Monat und zahle 3200 Euro Steuern. Mir braucht man doch nichts zu geben. Den Rentnern bringt das gar nichts. Die zahlen keine Steuern. Wenn man die Mittelschicht entlasten will, muss man von den Oberen was nehmen. Aber weniger Steuern, mehr Ausgaben und gleichzeitig der Schuldenabbau im Staatshaushalt, das funktioniert nicht.

KÜSTNER: Ich bin Erstwähler und ärgere mich noch über meine Schulzeit. An meiner Schule wurden immer die Fehlstunden der Lehrer ausgehängt. Das war unglaublich, wie oft da manche gefehlt haben. Ich glaube nicht, dass die Lehrer immer krank waren. Wenn ich alleine die Fehlstunden in meiner Klasse zusammenzähle, war das mindestenst ein Monat.

MAGET: Meist hört man ja die Klagen der Lehrer über die Schüler. Ich denke, die Masse der Lehrer ist engagiert. Man muss aber nach Strategien suchen, damit der Lehrereinsatz effektiver wird.

MANFRED BRANDNER: Wie erklären Sie sich denn die ungebrochene Hoheit der CSU seit 50 Jahren?

MAGET: Viele denken, Bayern sei die CSU. Doch seit einigen Monaten merken die Leute, dass Bayern nicht untergehen wird, wenn die CSU nicht regiert. Viele Mittelständler, Ärzte, Bauern sind enttäuscht und haben das Vertrauen in die CSU verloren.

PROBST: Ja das stimmt.

HERTEL: Ich kenne einige enttäuschte Landwirte. Die wählen aber die Freien Wähler und nicht die SPD.

MAGET: Auch schon ein Fortschritt! Dann sind sie auf dem halbem Weg zur SPD.

AZ: Wenn die CSU unter 50 Prozent kommt und mit der FDP eine Koalition eingeht, dann regieren Sie wieder nicht mit!

MAGET: Die Machtteilung wäre schon ein Fortschritt. Dann kann die CSU nicht mehr alles allein bestimmen.

SCHLEIF: Eine Viererkoalition hieße für alle Beteiligten große Kompromisse.

MAGET: Es ist ja nicht sicher, ob Freie Wähler und FDP in den Landtag kommen. Aber wir haben durchaus große Übereinstimmungen, etwa in der Bildungspolitik. Wir könnten was auf die Beine stellen.

CHRISTMANN-MÜLLER: Und eine große Koalition?

MAGET: Alles möglich. Außer eine Koalition mit der Linken.

HERTEL: Aber muss man nicht auf kommunaler Ebene mit der Linken zusammenarbeiten, um an sozialen Brennpunkten etwas zu bewirken?

MAGET: Die kommunale Sozialpolitik in München ist sehr gut. Wir haben auch Armut in der Stadt. Für die Schulausstattung bekommt jeder 100 Euro. Das machen wir alles ohne die Linke. Die brauchen wir wirklich nicht.

CHRISTMANN-MÜLLER: Wenn Sie ein Ministeramt übernehmen könnten...

MAGET:...wäre ich lieber Ministerpräsident als Minister.

CHRISTMANN-MÜLLER: Wenn Sie es wieder nicht an die Regierung schaffen, wer tröstet Sie dann?

MAGET: Ich habe eine nette Frau. Aber die CSU wird der große Wahlverlierer. Für die SPD halte ich 25 Prozent für möglich.

BRANDNER: Bei den Münchner Stadtwerken - und da regiert doch die SPD - sind die Managergehälter so erhöht worden. Was sagen Sie dazu?

MAGET: Die Stadtwerke als eines der 100 größten deutschen Unternehmen liegt noch am unteren Ende der Skala. Die Managergehälter nehmen eine absolut unseriöse Entwicklung. Oft heißt es, die Politik sei der reinste Selbstbedienungsladen. Frau Sauer, Ihre berufliche Karriere liegt noch vor Ihnen. Ich rate Ihnen: Wenn Sie Geld verdienen wollen, gehen Sie nicht in die Politik!

SAUER: Sie fürchten mich!

MAGET: Aber wenn Sie was bewegen wollen, dann können Sie das in der Politik.

Protokoll: Elena Panagiotidis/Marius Thies

Die Teilnehmer:

Linda Sauer(24) kam nach dem Abitur aus Coburg nach München. Im siebten Semester studiert sie Politikwissenschaften. Politikerin möchte sie nicht werden, sondern den Politikern lieber auf die Finger klopfen. „Sie fürchten sich wohl vor mir“, gibt sie Maget kontra. Der reagiert verdutzt.

Manfred Brandner (64) war 48 Jahre Banker bei der Münchner Bank. Jetzt ist er in Rente, radelt und geht in die Berge. Den SPD-Spitzenkandidaten Franz Maget greift er gleich scharf an: „Wie hat es die CSU eigentlich geschafft, 50 Jahre in Bayern die Mehrheit zu haben?“

Eva Probst (33) vereinbart Familie und Beruf. Die Münchnerin ist Metzgermeisterin und führt das elterliche Geschäft am Waldfriedhof. Daneben erzieht sie ihre Töchter Greta (6) und Loni (1). Sie kritisiert: „Auch die Leistungsträger haben immer weniger Geld in der Tasche.“

Gerhard Hertel (47) kommt aus Karlsfeld und war Lehrer. Jetzt engagiert er sich in der Behindertenpflege. Mit dem Staat ist er unzufrieden, klagt über Hartz IV und outet sich als Protestwähler: „Für die Armen und Schwachen wird zu wenig getan.“ Maget fragt er: „Fühlen Sie sich als armes Schwein?“

Sabine Christmann-Müller (53) ist mit der großen weiten Welt in Kontakt. Am Flughafen Erding fertigt sie die Lufthansa-Maschinen ab. Als Wählerin ist sie noch unentschlossen. Von Maget will sie wissen: „Haben Sie in der Bayern-SPD überhaupt Leute, die regieren könnten?“

Daniel Küstner (19) hat gerade sein Abitur an Münchens Elite-Schule – dem Max-Gymnasium – gemacht. Jetzt geht er nach Guatemala, arbeitet für ein soziales Projekt. Er fordert: „Man muss auch den Lehrern auf die Finger klopfen. So oft, wie die fehlen, können die gar nicht krank sein.“

Daniel Schleif (33) ist Jungunternehmer und Chef der Luxus-Kita „Elly und Stoffl“. Er beklagt, dass der Beruf der Erzieherin in unserer Gesellschaft nicht angesehen und ihre Ausbildung nicht gut sei. „Dabei kommt es ja auf sie an. Sie muss die Kinder schulreif machen.“

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