AZ-Kommentar: Wolkiges im Vatikan

Die Familiensynode im Vatikan hat winzige Reformschritte beschlossen. Einen Vorteil haben die wolkigen Formulierungen aber, meint AZ-Vize Timo Lokoschat
von  Timo Lokoschat
Ein erhobener Zeigefinger von Papst Franziskus an die Bischöfe bei der Endphase des Treffens – wie er das wohl meint?
Ein erhobener Zeigefinger von Papst Franziskus an die Bischöfe bei der Endphase des Treffens – wie er das wohl meint? © dpa

Mei, was soll schon dabei herauskommen, wenn 270 alte Männer, die in ihrem Leben noch nie eine Beziehung geführt haben, über das Thema Familie befinden sollen? Eben. Insofern waren die Erwartungen an diese Synode ohnehin äußerst niedrig.

Was allerdings jetzt in 94 Punkten zu Papier gebracht wurde, lässt den Gedanken legitim erscheinen, ob man sich das Theater nicht hätte sparen können.

Denn gerade dort, wo sich die Kirche ein wenig bewegt hat, wirken die Ergebnisse nachgerade bizarr. Jetzt soll also ein Priester beurteilen, wer ein guter und wer ein böser Geschiedener ist, wer schuldlos verlassen wurde und wer selbstsüchtig das Weite gesucht hat? Eine Farce.

Der Beschluss soll Offenheit signalisieren, macht die völlig unsinnige Stigmatisierung von Wiederverheirateten jedoch augenfälliger denn je; als seien Menschen, deren Ehe scheitert, schlechtere Christen.

Ganz zu schweigen von Homosexuellen, die genauso gläubig und gottesfürchtig sein können wie Heterosexuelle (die vielen von schwulen Männern gut geführten Kloster sind der beste Beweis).

Immerhin: Einen Vorteil haben die sehr vagen und wolkigen Formulierungen. Franziskus, der ohnehin frei entscheiden kann, hat viel Gestaltungsspielraum. Viele Gläubige hoffen jetzt auf ihn.

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