AZ-Kommentar: Horst Seehofer, der Zerstörer
10 Jahre Haft und 1000 Peitschenhiebe für den liberalen Blogger Raif Badawi haben „Riads Ansehen geschadet und zu einer tiefen Verunsicherung und Verstörung Deutschlands geführt“. Gesagt hat diesen Satz Sigmar Gabriel, deutscher Vizekanzler, vor knapp eineinhalb Monaten bei seinem Besuch in Saudi-Arabien. In der sensitiven Welt der Diplomatie eine Formulierung, wie sie deutlicher kaum sein kann.
Vor der Reise hatte sich Gabriel demonstrativ mit Unterstützern des inhaftierten Islamkritikers fotografieren lassen. Außerdem, schob der SPD-Politiker hinterher, werde es keine Exporte schwerer Waffen in den Golfstaat geben.
Im Eklat endete die Reise nicht. Wirtschaftsverträge wurden unterzeichnet; die Bundesregierung hatte dennoch ihren Standpunkt deutlich gemacht. Der immer etwas akrobatische Spagat zwischen Ökonomie und Menschenrechten war einigermaßen geglückt.
Und jetzt kommt Seehofer. Bayerns Ministerpräsident fordert in Riad: Waffenexporte! Menschenrechte? Öhm, ja, habe er angesprochen, teilt Seehofer auf Nachfrage mit – „in angemessener Form“. Wohl getreu dem Motto: Ein Monarch hackt dem anderen kein Auge aus. Dass König Horst damit der Bundesregierung in den Rücken fällt, scheint er fast zu genießen.
Obendrein konterkariert der CSU-Politiker mit seinem Statement die Bemühungen unzähliger Menschen, die sich etwa in Petitionen dafür stark gemacht haben, die wirtschaftliche Zusammenarbeit als maßvolles Druckmittel einzusetzen; er belohnt Riad für eine weiterhin unnachgiebige Haltung im Fall des Bloggers, dessen Schicksal exemplarisch für die vielen Menschenrechtsverletzungen des reaktionären Feudalregimes steht, dessen Rechtssystem nahezu identisch mit dem des „Islamischen Staats“ ist: von der Todesstrafe für Gotteslästerung, Abwendung vom Islam und Homosexualität bis zur Amputation von Gliedmaßen bei (vermeintlichen) Dieben.
Es ist schon fast ironisch: Während Bayerns Innenminister Joachim Herrmann – zu Recht – klare Kante gegen Islamisten in Deutschland fordert, dient sich Bayerns „Außenminister“ Horst Seehofer kritiklos bei autokratischen Regimen an, die den radikalen Islam zur Staatsdoktrin gemacht haben und sogar im Verdacht stehen, den Terrorismus zu finanzieren. Unglaubwürdiger geht es kaum.
Ein gewisses Faible für Diktaturen hatte die CSU allerdings schon immer: Gestern Pinochet, Botha und Stroessner, heute eben die Familie Saud.