AZ-Kommentar: Gaucks wichtigste Rede

Der Bundespräsident hat gezeigt, wie man Sorgen artikuliert, ohne in Populismus zu verfallen, schreibt AZ-Vize Timo Lokoschat
Timo Lokoschat |
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Bundespräsident Joachim Gauck und die rheinland- pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) beim Mainzer Festakt zu Beginn der 40. Interkulturellen Woche.
dpa/Fredrik von Erichsen Bundespräsident Joachim Gauck und die rheinland- pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) beim Mainzer Festakt zu Beginn der 40. Interkulturellen Woche.

Dunkeldeutschland. Es war vor genau vier Wochen, als Joachim Gauck diesen schon immer problematischen Begriff wiederbelebte. Und so verständlich seine Reaktion angesichts der Anschläge damals schien, so wenig hilfreich war sie für die Debattenkultur in Deutschland.

Hier die Hellen, die Beifallklatscher, da die Dunklen, die Asylheimanzünder – und rein gar nichts dazwischen. Als gebe es nur die zwei Extreme: uneingeschränktes Willkommen und blanken Ausländerhass.

Mindestens 75 Millionen Deutsche dürften sich durch diese Dichotomie, die strikte Zweiteilung nicht angesprochen gefühlt haben.

Auch Medien hatten wohl ihren Anteil. Abwehrreaktionen von einem Teil des Publikums waren die Folge – und plötzlich fanden sich besorgte Bürger unter „besorgten Bürgern“ wieder, sprich: ernsthaft Besorgte unter verkappten oder offenen Rassisten. Eine gefährliche Entwicklung.

Umso erfreulicher ist es, dass der Bundespräsident die Grautöne wiederentdeckt hat, wohl eine der wichtigsten Reden seiner bisherigen Amtszeit hielt. Gauck zeigt, wie man Sorgen artikuliert, ohne in Populismus zu verfallen, wie man Ängste ernst nimmt, ohne sie zu schüren, wie man Grenzen der Aufnahmefähigkeit anspricht ohne die Metapher vom „vollen Boot“ zu strapazieren.

Hinter dem, was er sagt, dürften sich über 90 Prozent der Deutschen versammeln können. Ein präsidiabler Wert.

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