AZ-Kommentar: Die Fühler ausstrecken
Die Warnung vor dem "Generalverdacht", den jeder Demokrat ablehnt, ist inzwischen das Totschlagargument, um notwendige Debatten abzuwürgen, schreibt AZ-Vize Timo Lokoschat
Vereitelt. Ein schönes Wort, das noch schöner wird, wenn es neben dem hässlichen Wort Anschlag steht – in Deutschland zuletzt glücklicherweise immer der Fall. Glücklicherweise? Oft war es die professionelle Arbeit der Sicherheitsbehörden – vom Verfassungsschutz bis zur lokalen Polizei.
Der gestrige Fall beweist erneut, wie wichtig es ist, dass der Staat weiß, wer ins Land kommt, dass Neuankömmlinge lückenlos registriert werden und ihr Aufenthaltsort zumindest offiziell bekannt ist. Das heillose Durcheinander, das hier entstanden ist, kann dauerhaft kein Geheimdienst ausbügeln. Tohuwabohu spielt den Terroristen in die Hände.
Die Festnahmen zeigen zudem, dass auch die Flüchtlingsunterkünfte stärker ins Visier genommen werden müssen – nicht aufgrund eines „Generalverdachts“ (in der öffentlichen Debatte inzwischen das Totschlagargument, um „Vorfälle“ zu relativieren, Unbequemes abzuwürgen und zur Tagesordnung überzugehen). Nein, einen Generalverdacht will kein vernunftbegabter Mensch aussprechen. Vielmehr geht es darum, schwarze Schafe zu identifizieren und damit auch friedlichen Flüchtlingen einen Dienst zu erweisen.
Die Sicherheitsbehörden sollten ihre Fühler sogar noch stärker in die Unterkünfte ausstrecken – die Insassen dürften oft selber am besten wissen, wer sich auffällig verhält oder krude Gedanken äußert. Sie können helfen.
Auch sollte die Frage erlaubt sein, warum Algerier, deren Chance auf Asyl ohnehin gegen Null geht und deren Heimat als sicher gilt, monatelang in Flüchtlingsunterkünften leben und nicht bereits vorher abgewiesen werden. Eine Maßnahme, die laut einer aktuellen Umfrage rund 80 Prozent der Bundesbürger befürworten. Ein Auftrag an die Politik.
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