AZ-Kommentar: Das Kosovo ist kein Kalifat
Mehr Geld fordert der kosovarische Außenminister von der EU, um den Exodus aus seinem Land zu stoppen. Er muss sich jedoch fragen lassen, was mit den Milliarden passiert ist, die seit 1999 ins Land geflossen sind. Die Antwort dürfte für seine Regierung unbequem ausfallen: versickert in den dunklen Kanälen krimineller Clans. Die Freischärler der UCK, bis heute an den Schaltstellen der Macht, waren während des Kosovo-Kriegs als Quasi-Bodentruppen der Nato nützlich – dass mit ihnen kein Staat zu machen ist, wurde in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten aber mehr als deutlich. Die Bevölkerung hat von dem Geld nicht viel gesehen. Deshalb knüpft die EU weitere Hilfen auch an konkrete Bedingungen, an rechtsstaatliche Reformen.
In einem hat der Minister jedoch Recht: Das Kosovo ist arm, aber sicher. Nicht wenige Asylbewerber aus der Region kehren während der oft sehr langen Duldungsphase zeitweise in die Heimat zurück. Das ist menschlich. Aber es zeigt, dass hier längst keine Lebensgefahr mehr besteht – anders als zum Beispiel für die Menschen, die es mit letzter Kraft aus der syrischen Hölle nach Europa geschafft haben und deren Abschiebung ins „Kalifat“ den Tod bedeuten kann.
Abgelehnte Asylbewerber aus Albanien, dem Kosovo und anderen Balkanstaaten – rund 40 Prozent der bisherigen Antragssteller – in ihre Heimat zurückzuschicken, ist deshalb auch kein hartherziger Akt einer gewissenlosen deutschen Bürokratie, sondern sogar notwendig, um jenen helfen zu können, die wirklich Hilfe benötigen.
Sicher, über Arbeitserlaubnisse für qualifizierte Bewerber lässt sich nachdenken. Das steht jedoch im wahrsten Sinne des Wortes auf einem anderen Blatt und hat mit Asyl nichts zu tun.
Außerdem: Die Ärzte, die Lehrer, die Facharbeiter – sind das nicht Menschen, die gerade im Kosovo dringend gebraucht werden?
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