AZ erklärt: So viele Arbeitslose gibt es wirklich

Wie Arbeitslose aus der Statistik herausgerechnet werden: Die AZ stellt vor, wie die Quoten geschönt werden. Tatsächlich gibt es dann nämlich 3,8 und nicht 2,7 Millionen Arbeitslose.  
von  Anne Hund

Wie Arbeitslose aus der Statistik herausgerechnet werden: Die AZ stellt vor, wie die Quoten geschönt werden. Tatsächlich gibt es dann nämlich 3,8 und nicht 2,7 Millionen Arbeitslose.

MÜNCHEN -  Euro-Krise hin oder her: Die Beschäftigung in Deutschland ist gestiegen. Das sagen die Zahlen für Oktober, die die Bundesagentur für Arbeit gestern veröffentlicht hat. Demnach waren mit 2,737 Millionen Menschen 59000 weniger arbeitslos gemeldet als noch vor einem Monat: Die Arbeitslosenquote verringerte sich bundesweit auf 6,5 Prozent. Die Arbeitsagentur bejubelt den „goldenen Oktober“. Dabei ist längst nicht alles Gold, was glänzt. Die AZ sagt, wie viele Arbeitslose es wirklich gibt – und manche in Statistiken versteckt werden:

Kranke. Nicht in der Statistik tauchen jene auf, die nicht mindestens 15 Stunden je Woche arbeiten könnten oder längere Zeit krankgeschrieben sind – die Rede ist von der „kurzfristigen Arbeitsunfähigkeit“. Betroffen waren im Oktober laut der Bundesagentur für Arbeit 84470 Menschen.

Weiterbildung. Aber auch, wer an einer Maßnahme der Arbeitsförderung teilnimmt, gilt offiziell nicht als arbeitslos. Gemeint sind jene, die sich beruflich weiterbilden, sprich bis zu zwei Jahre lang „umschulen“. 173581 Deutsche steckten im Oktober in einer solchen Maßnahme. Sie tauchen in der Statistik nicht auf.

Ein-Euro-Jobber: Sie bilden einen großen Posten der nicht gezählten Arbeitslosen: Im Oktober waren das immerhin 187 135 Bürger.

Existenzgründer. Aber auch mit all jenen, die sich zum ersten Mal selbstständig machen – etwa, weil sie keine Festanstellung finden – schönt die Agentur die Zahlen. Die Betroffenen bekommen bis zu neun Monate einen so genannten Gründungszuschuss. 122323 Deutsche haben dieses Angebot im Oktober in Anspruch genommen, sie gelten daher nicht als arbeitslos.

Altersteilzeit. Aus der Statistik fallen auch jene raus, die in Altersteilzeit (87317) sind oder etwa im Rahmen einer ABM-Maßnahme einer vom Staat geförderten Beschäftigung nachgehen (847 Personen).

Fazit: Rechnet man all das zusammen, wächst der Kreis der tatsächlich Arbeitslosen in Deutschland auf insgesamt 3,879 Millionen – gut eine Million mehr als die offiziellen 2,737 Millionen. Diesen Wert hat die Bundesarbeitsagentur für Arbeit übrigens in ihrer Statistik selbst ausgewiesen.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung geht noch einen Schritt weiter: Es rechnet in der „stillen Reserve“ der Arbeitslosen zusätzlich alle mit ein, die gerne arbeiten würden, aber nicht können – etwa eine Hartz-IV-Empfängerin, die nicht als arbeitslos gilt, weil sie ihr Kind versorgt. Bei verdi Bayern kritisiert man die Art, wie die Arbeitslosen erfasst werden, generell: „Unsere Grundposition ist, dass die Statistik immer falsch ist“, sagt Sprecher Hans Sterr. Denn viele würden sich mit kleinen Jobs über Wasser halten – seien aber eigentlich auf der Suche nach einer richtigen Stelle.

 


Arbeitslosigkeit in Bayern

München liegt mit einer Arbeitslosenquote von 4,8 Prozent bayernweit im Mittelfeld. 35860 Arbeitslose wurden in der Landeshauptstadt gezählt. Landesweit beträgt die Quote nun 3,3 Prozent. Nürnberg bildet mit 7,2 Prozent das Schlusslicht.

Bayernweit ist die Zahl der Arbeitslosen im Oktober um 9075 auf 221438 gesunken, so die Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Damit waren gut 34000 Menschen weniger ohne Beschäftigung als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote ging im Oktober um 0,1 Punkte zurück. „Die Herbstbelebung wirkt sich übergreifend in allen Regionen Bayerns und auf alle Personengruppen aus“, sagte Behörden-Chef Ralf Holtzwart.

Die Bundesarbeitsagentur berichtet von einer „guten Konjunktur“. In den kommenden Wochen werde dieser Trend wohl anhalten, sagte eine Sprecherin der Regionaldirektion Bayern. Die Euro-Krise habe sich bisher nicht negativ ausgewirkt. Der Arbeitsmarkt reagiere aber für gewöhnlich „leicht verzögert“, die Aussichten für Arbeitssuchende sind also alles andere als rosig. Noch sind in Bayern 4,7 Millionen Menschen sozialversicherungsbeschäfitgt, so die Bundesarbeitsagentur – dies sei ein „Rekordwert“seit Juni 1999, also seit dem Zeitpunkt, ab dem man diesen Wert bemisst.

 

 

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