Außenminister Westerwelle: Unbeliebt wie nie

BERLIN - Eigentlich ist das Amt des Außenministers ein Selbstläufer. Nach nur fünf Monaten stehen Guido Westerwelles Umfragewerte auf einem neuen Tiefstand. Das hat vor dem FDP-Politiker noch keiner geschafft.
Eigentlich ist das Amt des Außenministers keine unbeliebte Position, sowohl für den Inhaber als auch in der Bevölkerung. Die Nummer zwei der Bundesregierung ist schließlich ein traditionell prestigevolles Amt. Zu den Aufgaben eines Außenministers gehören: In der Welt herumreisen, die führenden internationalen Politiker treffen und dabei deutsche Interessen vertreten. Dementsprechend erfreuten sich deutsche Außenminister meistens hoher Beliebtheitswerte in der Bevölkerung. Doch Guido Westerwelle schafft nun trotzdem ein Ding, das wenige für möglich gehalten hätten. Seitdem der FDP-Vorsitzende mit seinen impulsiven Aussagen zur Hartz-IV-Debatte („geistiger Sozialismus“) ganz Deutschland polarisiert, steigt die Unzufriedenheit über ihn. Seine Zustimmung im Volk sinkt seit Januar kontinuierlich, mittlerweile sind nur noch 25 Prozent mit dem Außenminister zufrieden.
Kein anderer deutscher Chefdiplomat hat das jemals geschafft, jedenfalls nicht nach fünf Monaten im Amt. Auch in der Liste der FDP-Außenminister hat das bisher niemand so hinbekommen. Während Westerwelles großes Vorbild Hans-Dietrich Genscher (im Amt fast ununterbrochen von 1974 bis 1992) wohl zu den beliebteren Außenministern gehört, konnte dessen Nachfolger Klaus Kinkel (1992 bis 1998) wenigstens ein bisschen überzeugen. Ab 1993 hatte Kinkel, wie Westerwelle heute, den Parteivorsitz der Liberalen inne. Mit Kinkel als Chef verzeichnet die FDP hohe Verluste in Umfragen. Bei der Bundestagswahl 1994 sackt die Partei von 11 Prozent auf 6,9 Prozent. Auch bei Landtagswahlen während Kinkels Amtszeit fährt die FDP oft schlechte Wahlergebnisse ein, in manchen Bundesländern verpasst die Partei den Sprung ins Parlament ganz. Aber für eine derartig entzweiende Diskussion, wie sie Guido Westerwelle momentan anstößt, sorgte Kinkel nie.
Dass der Außenminister als Liebling der Deutschen sehr wohl glänzen kann, bewies der rot-grüne Außenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/ Die Grünen), von 1998 bis 2005 im Amt. Selbst die deutsche Beteiligung an zwei Kriegen - dem Krieg im Kosovo von März bis Juni 1999 und dem Afghanistan-Konflikt seit 2001- tat seinen konstant hohen Umfragewerten keinen Abbruch.
Auch der Außenminister der Großen Koalition, Frank-Walter Steinmeier (SPD), hatte keine großen Probleme in seinem Amt, das er von 2005 bis 2009 bekleidete. Seine Besetzung als Außenminister kam überraschend - schließlich agierte der Sozialdemokrat bisher eher im Hintergrund. Wohl auch aus diesem Grund erhielt der damals noch Unbekannte kurz nach Amtsantritt niedrige Werte, doch schon nach wenigen Monaten war jeder zweite Deutsche mit seiner Arbeit zufrieden. Immerhin 67 Prozent sagen im Nachhinein, dass Steinmeier Deutschland gut vertreten hat.
Ob Westerwelle im Rückblick ähnlich gute Werte bekommen wird? Derzeit sind 63 Prozent der Deutschen der Meinung, dass Westerwelle das deutsche Volk nicht gut vertritt. Selbst in seiner eigenen Partei hält nur noch jeder zweite FDP-Anhänger Westerwelle für einen guten Außenminister. Auch im Kabinetts-Vergleich steht Westerwelle in der Bewertung weit unten, auf dem vorletzten Platz. Einzig sein liberaler Kollege Phillip Rösler ist unbeliebter, mit lediglich 24 Prozent Zustimmung in der Bevölkerung. Doch Rösler arbeitet als Minister für Gesundheit, ein traditionell unbeliebtes Ressort - sowohl für den Gesundheitsminister als auch in der Bevölkerung.
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