Außenminister Steinmeier spricht mit Kerry über Spionageaffäre

Die Wellen über die Aktivitäten der US-Geheimdienste schlagen in Deutschland weiter hohe Wellen. Berlin und Washington liefern sich einen öffentlichen Schlagabtausch. Nun wollen Spitzenpolitiker beider Seiten miteinander sprechen.
dpa |
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Berlin - Erstmals nach den neuen Enthüllungen über US-Spionage auf deutschem Boden trifft Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Sonntag seinen US-Amtskollegen John Kerry. Am Rande der Verhandlungen über das iranische Atomprogramm in Wien wollen beide Politiker auch "bilaterale Themen" erörtern, wie es aus Washington hieß. Die Spionageaffäre belastet das Verhältnis beider Verbündeter schwer. Steinmeier fordert einen Neustart der transatlantischen Beziehungen.

Am Donnerstag hatte die Bundesregierung den obersten Geheimdienstler der Amerikaner in Berlin aufgefordert, Deutschland zu verlassen. Begründet wurde der drastische Schritt mit den Ermittlungen gegen zwei mutmaßliche Spione der USA beim Bundesnachrichtendienst (BND) und im Verteidigungsministerium sowie den umfangreichen Spähaktionen des US-Dienstes NSA, die vor einem Jahr bekanntgeworden waren.

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Der US-Geheimdienst CIA führt nach Informationen von "Bild am Sonntag" mehr als ein Dutzend Regierungsmitarbeiter in Deutschland als Quellen. Im Visier seien dabei die vier Bundesministerien Verteidigung, Wirtschaft, Inneres und Entwicklungshilfe, wie das Blatt aus US-Geheimdienstkreisen berichtet. Viele der Spione arbeiten demnach schon jahrelang für den US-Dienst.

Aufgrund der Enthüllungen würden derzeit hierzulande aber keine Treffen zwischen den Spionen und der CIA stattfinden. Darüber hinaus wird dem Bericht zufolge derzeit von den US-Diensten geprüft, ihre Agentenführer in die US-Botschaften nach Warschau und Prag zu verlegen.

Laut dem Bericht haben sich erstmals auch US-Stellen gegenüber der Bundesregierung zu den Spionagevorwürfen gegen den Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums geäußert. Es bestehe keine nachrichtendienstliche Verbindung zu ihm, hieß es demnach.

In den Vereinigten Staaten stößt die öffentliche Aufregung in Deutschland auf Unverständnis, die US-Regierung kritisierte die heftigen deutschen Reaktionen als unangemessen.

Allerdings schlagen die Wellen der Empörung hierzulande weiter hoch. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht die Vertrauensbasis erschüttert, wie sie am Samstag im ZDF betonte. Auch nach der Ausreise-Aufforderung Deutschlands an den obersten US-Geheimdienstvertreter zweifelt Merkel an einem Stopp der US-Spionage hierzulande. Es sei nicht so ganz einfach, die Amerikaner davon zu überzeugen, "die Arbeit der Nachrichtendienste jetzt völlig umzukrempeln". Deshalb müssen Deutschland deutlich machen, "wo die unterschiedlichen Auffassungen liegen." Sie könne nicht voraussagen, ob sich das US-Verhalten ändere. Sie hoffe es natürlich.

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"Aus meiner Interessenssicht ist es nicht eine partnerschaftliche Zusammenarbeit, wenn so etwas vorkommt", sagte Merkel. "Wir wollen die partnerschaftliche Zusammenarbeit." Dazu gehöre aber, dass man sich nicht gegenseitig ausspioniere. Die Kanzlerin stellte nochmals klar, dass sie deutsche Geheimdienste nicht angewiesen habe, die Zusammenarbeit mit US-Diensten zurückzufahren. Diese sei weiter nötig.

Der designierte Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, warnt angesichts der mutmaßlichen US-Spionagefälle in Deutschland vor einem nachhaltigen Vertrauensbruch. "Man muss jetzt den amerikanischen Freunden erklären, dass Freunde sich zuhören, anstatt sich abzuhören", sagte Juncker der "Bild am Sonntag". "Dieser Vorgang kann zu einer richtigen Vertrauenskrise führen - nicht nur zu einer transatlantischen Vertrauenskrise, sondern auch zu einer Vertrauenskrise unserer Bürger gegenüber dem Staat."

Juncker warf den Regierungen Versagen vor: "Wir haben hier ein echtes Demokratieproblem. Die Regierungen haben die Kontrolle über ihre Geheimdienste verloren, die normalerweise nicht in einem rechtsfreien Raum operieren dürfen und die sich auch gegenüber den Regierungen verantworten sollten."

 

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