Aufstand gegen Merkel? - Lautes Grummeln in der Union

Ausgerechnet die Abgeordneten von CDU und CSU, die mächtigste Fraktion im Bundestag, machen die Abstimmung über Griechenland spannend. Die entscheidende Fage: Nimmt der Widerstand bei ihnen weiter zu?
dpa/az |
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Trotz einigen Abweichlern: Im Bundestag wird Angela Merkel wohl eine Mehrheit für ein weiteres Griechenland-Hilfspaket bekommen.
dpa Trotz einigen Abweichlern: Im Bundestag wird Angela Merkel wohl eine Mehrheit für ein weiteres Griechenland-Hilfspaket bekommen.

Berlin - Leicht haben es die Euro-Finanzminister der Kanzlerin nicht gemacht. Die Einigung über das dritte Hilfspaket für Griechenland ist kaum geeignet, den Unmut in der Unionsfraktion zu besänftigen. Vor allem die Haltung von IWF-Chefin Christine Lagarde wirft für viele Unionsabgeordnete Fragen auf. Denn endgültig verpflichtet auf eine weitere finanzielle Beteiligung an den Hilfen für Athen hat sie sich nicht.

Breite Zustimmung des Bundestages zum 86-Milliarden-Paket erscheint dennoch sicher - Bundeskanzlerin Angela Merkel muss sich darüber eigentlich keine Sorgen machen. Heikel für Merkel und vor allem für ihren treuen Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder wird es aber, wenn am Mittwoch ausgezählt wird. 60 plus oder 60 minus, das könnte die entscheidende Frage sein.

Kurzer Blick zurück. Am 17. Juli stimmten 60 Parlamentarier aus CDU und CSU gegen die Aufnahme der Verhandlungen über ein drittes Griechenlandpaket. Das waren mehr als erwartet und so viele wie nie zuvor - ein Schlappe für Merkel an ihrem 61. Geburtstag, aber keine Katastrophe. Die Kanzlerin verabschiedete sich in den Urlaub. Es wurde ruhig in Berlin.

Dann aber meldete sich Fraktionschef Kauder zu Wort und drohte in der "Welt am Sonntag" künftigen Abweichlern mit Konsequenzen. "Die mit Nein gestimmt haben, können nicht in Ausschüssen bleiben, in denen es darauf ankommt, die Mehrheit zu behalten: etwa im Haushalts- oder Europaausschuss." Später wollte er dies lediglich als Aufruf zur Geschlossenheit verstanden haben, doch die Wogen gingen hoch.

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Nun wird sich zeigen, welche Folgen das Kauder-Sommerinterview hat. Noch mehr Abweichler als im Juli wären verheerend, mehr für Kauder als für Merkel. 60 minus dagegen könnten als Erfolg verbucht werden, Kauders Autorität wäre wieder hergestellt.

 

"Der Grieche hat jetzt lange genug genervt."

 

Um den Inhalt des Programms für Athen geht es natürlich auch. Lange Zeit war ein drittes Hilfspaket für Griechenland in der Union tabu. Noch im Juli, vor dem letzten Krisengipfel in Brüssel, äußerte sich CDU-Vize Thomas Strobl mit deutlichen Worten: "Der Grieche hat jetzt lange genug genervt." Doch dann ist es Merkel und ihrem Finanzminister Wolfgang Schäuble doch gelungen, der griechischen Regierung massive Zugeständnisse und einen harten Sparkurs abzutrotzen.

Trotzdem gab es im Juli die 60 Abweichler. Sie umzustimmen, dürfte nicht leicht sein. Gerade der im kritischen Wirtschaftsflügel der Union hoch angesehene Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn kritisierte die Einigung von Brüssel wenige Stunden später in der "Bild"-Zeitung und meinte, dem Programm fehle die Wahrhaftigkeit.

CDU-Finanzstaatssekretär Jens Spahn versucht dagegen, die Einigung positiv zu lesen. "Es ist am Freitag gelungen, in unserem Sinne zu entscheidenden Verbesserungen zu kommen", sagt er. Aber auch er macht klar: "Man wird über Schuldenerleichterungen reden müssen." Das sehen nicht alle Unionsleute so.

Verlassen kann sich Bundeskanzlerin Angela Merkel dagegen auf die SPD. Dort ist zwar das Misstrauen gegenüber Schäuble immer weiter gewachsen, seitdem er im Juli seine "Grexit"-Option aus dem Hut gezogen hat. Kritik an Merkel gibt es aber kaum. Auch die gesamte Richtung des Pakets, die etwa auch von vielen US-Ökonomen kritisiert wird, stößt in der SPD nicht auf nennenswerten Widerstand.

Die harten Sparauflagen, die Athen akzeptieren muss, und die geplanten Steuererhöhungen sind demnach eher ein Hindernis für Wachstum, das Griechenland so dringend braucht. Doch die Sozialdemokraten trauen sich wohl nicht, der verbreiteten anti-griechischen Stimmung in der Bevölkerung entgegenzutreten und sich dem Vorwurf auszusetzen, den "Pleite-Griechen" noch mehr Geld zu geben. In einer Forsa-Umfrage hatten in der letzten Woche 57 Prozent Bedenken gegen neue Hilfen für Griechenland.

 

Unentschlosseenheit bei den Grünen

 

Das Abstimmungsverhalten der Linken ist ebenso vorhersehbar: Für deren Vorsitzende Katja Kipping ist klar: "Massenentlassungen leichter machen, mehr Privatisierungen, weitere Sozialkürzungen sind kein Programm, dem wir zustimmen können und werden", wie sie dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" sagte.

Die Grünen machten zuletzt einen eher unentschlossenen Eindruck. Im Juli, als es um die Aufnahme der Verhandlungen ging, stimmten 23 ihrer Abgeordneten mit Ja, 33 enthielten sich. Gut möglich, dass es diesmal auch zahlreiche Nein-Stimmen gibt. Die Reaktion auf das Brüssel-Paket war jedenfalls erst einmal negativ. Notizblock

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