Aufregung um von der Leyens Zuschussrente
Mit ihrer geplanten Zuschussrente gegen Altersarmut stößt Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf geschlossenen Widerstand - nicht nur in der Koalition, sondern auch bei Arbeitgebern, Gewerkschaften und Opposition.
Berlin - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ durch ihren Sprecher eine eingehende Prüfung des Konzepts "in allen Aspekten" und "in aller Ruhe" ankündigen. Bisher hieß es, Merkel stehe hinter von der Leyen und stütze sie gegen die zum Teil massive Kritik aus der FDP.
Der Kern der Kritik richtet sich gegen von der Leyens Absicht, die angestrebte Aufstockung von Mini-Renten mit Beitragsgeldern aus der Rentenkasse zu finanzieren. Dagegen laufen vor allem jüngere CDU-Abgeordnete Sturm, weil dadurch junge Beitragszahler zusätzlich belastet würden. Von der Leyen will sich mit ihnen am Mittwoch treffen.
Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) bekräftigte die Ablehnung des CDU-Wirtschaftsflügels. Er sagte der "Rheinischen Post": "Die Bekämpfung von Altersarmut ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie muss aus Steuermitteln finanziert werden - und nicht mit dem Geld der Beitragszahler."
SPD, Gewerkschaften und Sozialverbände nannten von der Leyens Konzept einen untauglichen Versuch, das sich verschärfende Problem der Altersarmut in den Griff zu bekommen. FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte im NDR, mit der Zuschussrente befinde sich von der Leyen auf dem Holzweg.
Nach neuen Zahlen aus dem Bundesarbeitsministerium droht nicht nur Geringverdienern, sondern auch Millionen Durchschnittsverdienern der Gang zum Sozialamt, wenn sie von 2030 an in den Ruhestand gehen und nicht privat vorgesorgt haben. Grund dafür ist vor allem die im Jahr 2000 beschlossene Absenkung des Rentenniveaus bis 2030 von derzeit 51 Prozent auf 43 Prozent des durchschnittlichen Nettolohns. Ein Arbeitnehmer mit einem Bruttolohn von 2500 Euro bekäme nach 35 Beitragsjahren dann nur noch eine monatliche Rente von 688 Euro (bisher 816 Euro).
Von der Leyen will mit ihrem Modell einer Zuschussrente die Altersbezüge bis auf 850 Euro aufstocken - sofern der Arbeitnehmer zuvor noch aus eigenen Stücken zusätzlich Vorsorge getroffen hat.
Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt nannte von der Leyens Konzept "ungerecht, falsch finanziert, bürokratisch, teuer und zur Bekämpfung von Altersarmut ungeeignet". Die Zuschussrente würde zudem mit dem Grundsatz der gesetzlichen Rentenversicherung brechen, dass die spätere Rente von der Höhe der eingezahlten Beiträge abhängt. Durch viele Unstimmigkeiten würde die Zuschussrente die Akzeptanz der Rentenversicherung schwächen anstatt zu stärken.
DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sagte, Altersarmut von Normalverdienern könne vermieden werden, wenn die Regierung auf die jüngst beschlossene Senkung des Rentenbeitrags verzichte. "Es wäre zynisch, wenn die Koalition die hohen Reserven der Rentenversicherung auflöst, das Rentenniveau weiter senkt und dann Krücken wie die Zuschussrente anbietet, die für die meisten keine Hilfe gegen Altersarmut ist", sagte Bunderbach. Wer ein Leben lang gearbeitet habe, "muss sich auf eine anständige Rente verlassen können, ohne dafür zum Sozialamt gehen zu müssen".
SPD-Fraktionsvize Elke Ferner sagte der "Saarbrücker Zeitung": "Wegen der hohen Zugangshürden wird kaum jemand die Zuschussrente bekommen. Außerdem schafft sie neue Ungerechtigkeiten, weil viele Leute, die lange Vollzeit gearbeitet haben, am Ende auch nicht mehr Rente bekommen."
Die SPD will am kommenden Montag im Parteivorstand erstmals über ihr Rentenkonzept beraten. Als Alternative wird unter anderem die Beibehaltung des jetzigen Rentenniveaus von 51 Prozent des Durchschnittlohns diskutiert.