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Der langjährige SPD-Wahlkampfchef Michael Rüter verlässt entnervt das Willy-Brandt-Haus – offenbar wegen der geplanten Kampagne für Beck.
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Der langjährige SPD-Wahlkampfchef Michael Rüter verlässt entnervt das Willy-Brandt-Haus – offenbar wegen der geplanten Kampagne für Beck.

BERLIN Eigentlich will Kurt Beck „nah bei den Menschen“ sein und unter diesem Slogan den Dialog mit den Bürgern suchen – in seiner eigenen Parteizentrale rücken viele Mitarbeiter indes immer stärker von ihrem Vorsitzenden ab. Die Truppen von Beck und seinem Konkurrenten um die Kanzlerkandidatur, Parteivize Frank-Walter Steinmeier, beäugen sich misstrauisch und sticheln immer heftiger gegeneinander.

Neuester Eklat: Der langjährige SPD-Wahlkampforganisator Michael Rüter verlässt Knall auf Fall das Willy-Brandt-Haus und entschwindet in die niedersächsische Provinz. Der 43-jährige Sozialwissenschaftler Rüter, der seit 1999 Abteilungsleiter für Organisation und Parteileben beim SPD-Parteivorstand war, soll offenbar neuer Landesgeschäftsführer der niedersächsischen SPD werden. Damit verliert die Beck-Partei einen ihrer fähigsten Wahlkampforganisatoren: Rüter war 1998, 2002 und 2005 an den Kampagnen für Bundeskanzler Gerhard Schröder ebenso federführend beteiligt wie am erfolgreichen Wahlkampf 2001 für Klaus Wowereit in Berlin. Außerdem organisierte der Mann seit 1999 die Bundesparteitage der SPD.

Dem Vernehmen nach hängt Rüters Abgang mit Meinungsverschiedenheiten über den SPD-Wahlkampf 2009 zusammen. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Beck plane die Kampagne mit wenigen engen Vertrauten – vor allem aus seinem Stab in der Mainzer Staatskanzlei. Dieses Küchenkabinett habe vor, mit der vor allem in den USA verbreiteten Negativ-Werbung die Union als Hauptgegner zu attackieren. Der Kandidat Beck soll darüber hinaus möglichst oft direkt in Kontakt mit Bürgern gebracht und über die Internet-Seite www.wir-fuer-beck.de populär gemacht werden.

Damit kommt die SPD-Zentrale in Berlin-Kreuzberg nicht zur Ruhe: Erst vor wenigen Tagen war es in dem Haus zu einer schweren Kontroverse zwischen dem Beck- und dem Steinmeier-Flügel gekommen. Die Kombattanten stritten sich über Redezeiten ihrer Chefs bei der Funktionärskonferenz in Nürnberg – und darüber, dass der interne Zank über Indiskretionen einzelnen Medien zugespielt wurde. Bundesgeschäftsführer Martin Gorholt berief daraufin alarmiert eine Mitarbeitervollversammlung ein. Im fünften Stock des Willy-Brandt-Hauses, wo auch der SPD-Chef residiert, riefen Gorholt und Becks Büroleiter Wolfgang Wiemer die Mitarbeiter des SPD–Vorstands zu Disziplin und Loyalität auf – und sorgten damit erst recht für Aufruhr.

„Die Mitarbeiter waren danach natürlich höchst erregt, dass man ihnen Verrat unterstellt“, berichtet ein intimer Kenner der SPD-Zentrale der AZ. Wenn jemand Interna durchsickern lasse, dann seien das die Parteibosse selbst: „Die sind es doch, die sich wie die Kesselflicker streiten und das dann auch noch nach außen durchstechen.“ Die „kleinen Mitarbeiter“ hingegen machten sich „nur um ihre Jobs Sorgen – und sonst um gar nichts“. Je schlechter das Wahlergebnis für die SPD ausfalle, desto geringer falle die staatliche Alimentierung für die Partei aus. jox

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