Atomgegner: Gorleben-Strahlenmessung gefälscht
Hannover/Berlin - Atomexperten der Bürgerinitiative Umweltschutz werfen der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) vor, Strahlenmessungen rund um das Atommülllager gefälscht zu haben.
Die GNS weist die Vorwürfe zurück. Die Atommülllager-Gegner beschuldigen die Behörden, bewusst einen erhöhten Strahlenwert als Basis genommen zu haben, um spätere Ausschläge nach oben relativieren zu können.
Wolfgang Kallen von der Bürgerinitiative sagte am Mittwoch in Hannover, ein seit 2004 genutzter sogenannter Nullpunkt zur natürlichen Gammastrahlung sei nicht nur in direkter Nähe des Zwischenlagers ermittelt worden. Zusätzlich seien auch Werte gemessen worden, während dort die ersten Castoren eingelagert gewesen seien. "Die GNS hat die Berichte absichtlich geschönt", kritisierte Kallen.
Zudem sei es nicht zulässig, da sich die Jahresdosis durch die Einlagerung der Castoren seit 1997 stetig erhöht habe. Die Atommülllager-Gegner berufen sich auf veröffentlichte GNS-Betriebsberichte. Sie fordern die Absage des vermutlich für das erste Adventwochenende geplanten Castor-Atommülltransports.
Die Strahlenwerte waren am Mittwoch auch Thema im Umweltausschuss des Bundestages. Die SPD kritisierte, die Fragen nach erhöhten Strahlenwerten im Zwischenlager seien vom niedersächsischen Umweltministerium in der Sitzung nicht befriedigend beantwortet worden. Die Partei dringt angesichts der Debatte auf eine rasche Begutachtung des Zwischenlagers durch den Ausschuss. Eine Entscheidung über den Transport kann bis Ende Oktober fallen.
Die Bürgerinitiative hat bei der Staatsanwaltschaft Lüneburg wegen "unerlaubter Freisetzung ionisierender Strahlung" Strafanzeige gegen den Betreiber gestellt. Sie klagt unter anderem gegen die Umlagerung von Castoren im Behälterlager und die mögliche Überschreitung des Grenzwertes in diesem Jahr. Die Staatsanwaltschaft hat vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) eine Stellungnahme angefordert. Sollte sie nicht ausreichen, könnte zum ersten Mal ein Castortransport nach Gorleben gestoppt werden.
"Seit 2003 werden die vom Bundesamt für Strahlenschutz genehmigten Grenzwerte rund um Gorleben überschritten", betonte Kallen. Nur durch die falschen Berechnungen habe es bislang keine weiteren Konsequenzen gegeben. Im Falle einer Überschreitung des Jahreswertes von 0,3 Millisievert (mSv) hätte das Land Niedersachsen eingreifen und weitere Castor-Einlagerungen abgesagt werden müssen.
"Das sind haltlose Vorwürfe, die zudem auch durch die neuesten Messungen der Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) als oberste Instanz bei Messungen widerlegt wurden", sagte der GNS-Sprecher in Gorleben, Jürgen Auer, der dpa. Die angewendeten Messverfahren seien alle vom Umweltministerium genehmigt.