Ashton führt Krisengespräche in Kiew

Die EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton wird heute Krisengespräche in Kiew führen. Es geht um Neuwahlen und ein Hilfspaket
von  dpa

Die EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton wird heute Krisengespräche in Kiew führen. Ashton verhandelt über ein Hilfspaket für die Ukraine. Die Europäische Union will damit einer Übergangsregierung helfen, Reformen einzuleiten und Präsidentenwahlen vorzubereiten

Kiew - In einem neuerlichen Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch drängte US-Vizepräsident Joe Biden auf eine friedliche, politische Lösung der Krise in der Ukraine. Der Amerikaner unterstrich, dass der einzige Weg zu Frieden und Stabilität in dem Land über einen fortlaufenden Dialog und echten Kompromiss führe, eine neue Regierung zu bilden. Diese müsse das Vertrauen des ukrainischen Volkes erarbeiten.

Zu den unmittelbar notwendigen Maßnahmen zur Beilegung der Krise gehören laut Biden, Sicherheitskräfte zurückzuziehen, inhaftierte Demonstranten freizulassen und Polizisten zu bestrafen, die Protestanten und Journalisten verprügelt hätten. Ferner solle Janukowitsch internationale Unterstützungsangebote annehmen. Es war mittlerweile das sechste Telefonat zwischen den beiden seit November.

Die Ukraine wehrt sich entschieden gegen Sanktionsdrohungen aus dem Westen. Das Außenamt in Kiew mahnte am Dienstag den deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier zur Zurückhaltung. Der SPD-Politiker hatte am Vortag den ARD-Tagesthemen gesagt: "Die Sanktionen müssen wir jetzt als Drohung zeigen." Die Partei der Regionen von Präsident Janukowitsch kritisierte zudem eine von EU und USA ins Spiel gebrachte Finanzhilfe für die Ukraine im Falle eines Regierungswechsels als politischen Druck.

Die Bundesregierung warnte vor einem "Bieterwettbewerb" mit Russland um die Ukraine. Kremlchef Wladimir Putin hatte dem Nachbarland insgesamt 15 Milliarden US-Dollar (11,1 Milliarden Euro) Hilfe zugesichert.

Ukrainische Oppositionspolitiker um Boxweltmeister Vitali Klitschko hatten zuvor die EU wiederholt aufgefordert, endlich Zwangsmaßnahmen gegen Janukowitsch zu beschließen.

Als Ausdruck der Missbilligung der Äußerungen Steinmeiers lud das ukrainische Außenministerium den deutschen Botschafter zu einem Gespräch ein. Die Ukraine hoffe auf eine "konstruktive, unvoreingenommene Position" der Bundesregierung, teilte das Ministerium danach mit. Aus Regierungskreisen in Berlin hieß es, es sei ein freundliches Gespräch über die schwierige Lage in der Ukraine gewesen. Beobachter in Kiew betonten, die Reaktion auf Steinmeier zeige, wie sensibel die Führung um Janukowitsch auf das Thema Sanktionen reagiere. Bislang hätten sich westliche Politiker mit solchen Drohungen zurückgehalten.

Angesichts der verhärteten Fronten im innenpolitischen Machtkampf warnte Klitschko nach einem Treffen den Präsidenten vor einer Zuspitzung der Lage. Nur eine Verfassungsreform könne "die Temperatur der Gesellschaft" abkühlen, sagte der Chef der Partei Udar (Schlag). Klitschko warf Janukowitsch vor: "Mit seinen Handlungen provoziert er die Leute zu radikalen Taten und die demokratische Welt zu Sanktionen, von denen bereits lange die Rede ist." Klitschkos rechtspopulistischer Oppositionskollege Oleg Tjagnibok betonte, er sehe keine Perspektive für weitere Verhandlungen mit der Führung.

Die Regierungsgegner fordern außer Janukowitschs Rücktritt und Neuwahlen auch eine Beschneidung der verfassungsrechtlichen Vollmachten des Präsidenten. Im Parlament forderte Klitschko: "Lasst uns die Diktatur beenden. Lasst uns zu der Verfassung zurückkehren, die Abgeordnete zu Entscheidungsträgern macht und nicht zu Abnickern."

In der Ukraine gehen seit mehr als zwei Monaten Zehntausende Menschen gegen die Politik von Präsident Janukowitsch auf die Straße. Sie protestieren auch für einen Westkurs der früheren Sowjetrepublik und gegen die von Janukowitsch vorangetriebene engere Anbindung an Russland. Nachdem der Präsident Mitte Januar demokratische Freiheiten eingeschränkt hatte, eskalierten die Proteste. Mindestens vier Menschen starben, mehr als 500 wurden verletzt. Die repressiven Gesetze wurden daraufhin annulliert.

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