ARD-Sommerinterview: Söder spricht Klartext – Bayern braucht einen Wirtschaftsminister

Berlin - Dass Markus Söder ein absoluter Medienprofi ist, musste nun auch Matthias Deiß, der stellvertretende Leiter des ARD-Hauptstadtstudios am eigenen Leib erfahren. Schon in der Eingangsrunde zeigte sich: Söder ist angriffslustig und voll im Wahlkampfmodus. Angesprochen auf die Kosten für Fotografen, die 16-mal höher liegen als bei seinem Vorgänger Horst Seehofer, erwähnt der bayerische Ministerpräsident, dass er immerhin keine Stylisten hätte und weniger Geld ausgeben würde als Minister in Berlin.
Söder schließt Kooperation mit der AfD aus
Eine kleine Spitze Richtung Annalena Baerbock und Robert Habeck. Das sei nun mal wichtig für die sozialen Medien und außerdem habe Seehofer nur einmal einen Tweet verschickt.
Beim Thema AfD wird das Gespräch ernst. Söder schließt eine Kooperation mit der AfD kategorisch aus: Die AfD sei eine radikale Partei, deren Forderungen man genau anschauen müsse. Wenn sie ihr Programm durchziehen könnte, samt eines deutschen EU-Austritts, bedeute das "Wohlstandsverlust, Armut und dass wir zu einer Art Protektorat von Putin werden. Das kann kein Mensch wollen," sagt Söder. Er sehe einen "Systemfrust" bei manchen Wählern und nicht nur negative Gefühle gegenüber einer schlechten Bundesregierung. Es gehe darum "Lösungen zu finden und nicht nur zu überlegen, was die Ampel falsch macht."
Der Interviewer konfrontiert Söder damit, dass sogar die Grünen im Wahlkreis von Ricarda Lang einem AfD-Antrag zugestimmt hätten. Auch der Ingolstädter CSU-Stadtrat Franz Wöhrl sagte in einem Interview, dass man Anträgen im Stadtrat "sachlich zustimmen würde, wenn sie passen". Darauf reagiert Söder energisch: "Wenn ich mir die Persönlichkeiten da im Bayerischen Landtag anschaue. Da gab’s Leute, die haben einen Putsch geplant." Es seien zutiefst unseriöse Leute. Es gäbe keine Kooperation. Die einfache Lösung: Selbst bessere Anträge machen.

Söder schießt gegen Habeck
Und da sei Bayern in vielen Dingen vorne, zum Beispiel in der Migrationspolitik, betont Medienprofi Markus Söder und nutzt die Gelegenheit, um daran zu erinnern, dass Bayern das sicherste Bundesland mit der besten Polizei ist.
Als Deiß Söder auf "zugespitzte" Wahlkampfbegriffe wie "Heizungsspionage" anspricht, die denen der AfD ähneln, bleibt der Ministerpräsident gelassen: "Ein bissl zuspitzen muss man. Ich hör oft von euch Journalisten, dass ihr fast einschlaft, wenn Olaf Scholz eine Pressekonferenz gibt." Das sei eben der "Bayernsound". Den würde seine Partei auch nutzen, um sich von Bund und AfD abzugrenzen. "Bayernpower statt Bundestrauer, wenn ich es mal zugespitzt sagen darf", sagt Söder: "Nicht alles ist perfekt. Wir sind kein Paradies, aber wir liegen fast überall besser, als die Kolleginnen und Kollegen und die anderen Bundesländer."
Auf die Frage nach Lösungen spricht Söder die schwächelnde Wirtschaft an. Er verweist auf das neue Wirtschaftsprogramm von CDU und CSU mit Strompreis- und Steuersenkungen und wirft Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vor, er denke nur an die Großindustrie und blende Mittelstand, Handwerker und die Bevölkerung aus. "Ich finde eh, dass wir einen engagierten Klimaminister aber keinen vorhandenen Wirtschaftsminister haben", schießt er Richtung Habeck.
"Deutschland ist energiepolitischer Geisterfahrer"
Der Ausstieg aus der Kernenergie sei falsch gewesen. Bezahlbarer Strom sei wichtig. Deswegen werde Bayern an der Kernenergie festhalten und zur umweltfreundlicheren Kernfusion forschen. "Die ganze Welt setzt auf Kernkraft als Überbrückungstechnologie in der Krise. Wir sind Energiepolitische Geisterfahrer," betont Söder auf die Frage, ob das ein Nein zum Ausbau der Erneuerbaren ist. Auch dort sei Bayern weit vor anderen Bundesländern.
Als Deiß ihn korrigiert, gerät Söder ins Schlingern. Auch beim Wind würde man mehr powern. Der Interviewer spricht eine Petition für mehr Erneuerbare an, die 400 bayerische Bürgermeister unterzeichnet hätten. Darunter auch viele CSUler. Söder erklärt, dass er sich mit den Unterzeichnern treffen werde. Er empfindet diese Aktion als Rückenwind.
Söder schließt Kanzlerkandidatur aus
Angesprochen auf den Streit zwischen Friedrich Merz und Hendrik Wüst betont Söder, wie wichtig der Zusammenhalt in der Union ist. Und lobt die Wirtschaftskompetenz von Friedrich Merz. Merz' aktuelle Umfragewerte seien bedeutungslos. Die K-Frage stelle sich erst nach den Landtagswahlen im Osten im Herbst nächsten Jahres. Für sich selbst schließt er eine Kanzlerkandidatur aus: "Ich will ein starkes Bayern. Ich will ein sicheres und stabiles Deutschland haben. Da helf ich aus Bayern mit."