Arbeitgeber: Die Rente muss runter!
München - Die Arbeitgeber in Deutschland schlagen Alarm. In deutlichen Worten warnen sie die Große Koalition davor, „neue Fehler in der Rentenpolitik“ zu begehen.
In einem gestern veröffentlichten Grundsatzpapier lehnt die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) sowohl die Forderung der Opposition nach einer Erhöhung des Rentenniveaus als auch die von CDU/CSU und SPD vorgeschlagene Lebensleistungs- oder Solidarrente ab, mit der die gesetzliche Rente von Geringverdienern knapp über das Niveau der Grundsicherung gehoben werden soll.
Die Warnungen vor einem drastischen Anstieg der Altersarmut seien „völlig überzogen“, die geplante Lebensleistungsrente sei „teuer und ungerecht“, ihre Einführung müsse unterbleiben.
„Die Entscheidung des Gesetzgebers, dass die Renten nicht mehr im gleichen Umfang, sondern langfristig etwas weniger als die Löhne steigen sollen, war und ist unverzichtbar“, heißt es in dem Papier.
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Im Klartext: Die Rente muss runter. Weiter schreiben die Arbeitgeber: „Notwendig war auch die Entscheidung des Gesetzgebers, die gesetzliche Regelaltersgrenze schrittweise von 65 Jahren bis 2029 auf 67 Jahre anzuheben.“
Die Arbeitgeberverbände stehen mit dieser Forderung allerdings nicht alleine da. Auch die arbeitgebernahe „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM) wendet sich gegen eine Anhebung des Rentenniveaus.
Das INSM hat im Auftrag des ebenfalls arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) die Kosten der Renten-Pläne (siehe Artikel unten) errechnet. „Es wird viel Schindluder mit der Altersarmut betrieben“, kritisiert INSM-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr. Die Sorge vor einem dramatischen Anstieg der Altersarmut sei „weitgehend unbegründet“. Er warnt Union und SPD vor „teuren Rentengeschenken“ im Wahljahr 2017. „Es fehlt die Debatte, woher das Geld dafür kommen soll“, betont Pellengahr.
„Das belastet vor allem künftige Beitragszahler“
Nach den Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft steigen die Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung von 272 Milliarden Euro im vergangenen Jahr auf voraussichtlich 449 Milliarden im Jahr 2029, wenn sich an den derzeitigen gesetzlichen Grundlagen nichts ändert und das Rentenniveau, wie beschlossen, von derzeit 47,5 Prozent auf 44,6 Prozent sinkt.
Würde das Rentenniveau auf dem jetzigen Stand eingefroren, wie es unter anderen SPD-Chef Sigmar Gabriel vorschlägt, wären im Jahr 2029 Ausgaben von 477 Milliarden Euro nötig, bei einer Rückkehr zu einem Niveau von 50 Prozent, wie es die Gewerkschaft Verdi oder Sozialverbände fordern, kämen auf die Rentenkasse Ausgaben von 500 Milliarden Euro zu.
Um diese zusätzlichen Ausgaben zu finanzieren, müssten die Beitragssätze, derzeit 18,7 Prozent des Bruttolohns, deutlich steigen. Bei einem Rentenniveau von 50 Prozent würde die gesetzlich festgelegte Obergrenze von 22 Prozent bereits im Jahr 2022 überschritten, bis 2029 stiege der Beitrag auf bis zu 25 Prozent. Bei einem Niveau von 47,5 Prozent käme es im Jahr 2027 zum Durchbrechen der 22-Prozent-Schallmauer.
„Das belastet vor allem junge und künftige Beitragszahler“, sagt Studienautor und Rentenexperte Jochen Pimpertz. Zudem seien ungewollte Mitnahmeeffekte der Besserverdienenden die Folge. „Da von einem höheren Versorgungsniveau alle Rentner profitieren, provoziert ein solches Instrument vor allem Mitnahmeeffekte.“ Daher lasse es sich auch nicht mit dem Ziel der Armutsbekämpfung rechtfertigen.
Aus Sicht der arbeitgebernahen „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ spreche also alles für eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit.