Anker-Zentren: "Seehofer setzt auf Zermürbung"

München/Berlin - Die AZ hat mit Günter Burkhardt gesprochen. Er ist Geschäftsführer und Mitbegründer der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl.
AZ: Herr Burkhardt, wie beurteilen Sie die Anker-Zentren?
GÜNTER BURKHARDT: Sie sind grundfalsch. Massenunterkünfte mit Hunderten von Menschen ohne eine Perspektive führen zur psychischen Beeinträchtigung dieser Menschen. Gewalt ist programmiert und das gibt rassistischen Stimmungen Nahrung.
Helfen die Zentren dabei, Asylverfahren zu beschleunigen?
Nein, sie erwecken aber die Illusion, dass man die Menschen, die kommen, so schnell wieder los wird. Das ist eine Fehlannahme. Abschiebungen in Herkunftsstaaten sind wegen der Menschenrechtsituation dort, siehe Afghanistan, nicht möglich. Massenlager ändern daran nichts. In diesen Zentren entziehe ich Menschen ohne Grund ihre Freiheit.
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Welche Probleme bringen solche Unterkünfte für die Asylverfahren der Geflüchteten?
Wenn man faire Asylverfahren will, sind diese in Massenunterkünften nicht möglich, weil Flüchtlinge nicht an Anwälte kommen, die mögliche Fehlentscheidungen der Behörden korrigieren. Wenn das politische Ziel ist, auch politisch Verfolgte – egal wie – außer Landes zu schicken, dann ist das rechtswidrig – aber leider als mögliche Folge nicht ausgeschlossen.
Ist das Horst Seehofers Ziel?
Herr Seehofer setzt auf eine Zermürbungstaktik, die dazu dient, der AfD bei der Landtagswahl Wähler abzujagen. Das Hauptproblem für die Gesellschaft ist, dass Menschen hier leben werden, die psychisch am Ende sind und denen systematisch Integrationschancen verbaut wurden.
Was wäre aus Ihrer Sicht eine bessere Lösung?
Es ist sinnvoll, vor ein Asylverfahren eine Asylverfahrensberatung zu schalten. Dies ist auch im Koalitionsvertrag vorgesehen. Außerdem braucht es sorgfältige Asylverfahren zur Aufklärung der Fluchtgründe, bei denen dieselbe Person entscheidet, die den Menschen angehört hat. Und wir brauchen in einem Rechtsstaat die Möglichkeit, dass Fehlentscheidungen durch Gerichte korrigiert werden.
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