Angst vor Anschlägen in Deutschland: Wie stark ist die Bedrohung?

BERLIN/HAMBURG - Die Politik diskutiert über die Folgen aus der Terrorwarnung: Die Vorratsdatenspeicherung kommt wieder ins Gespräch – und in ganz Deutschland werden die Brennpunkte bewacht. Die Abendzeitung hat die wichtigsten politischen Entwicklungen seit der Terrorwarnung zusammengefasst.
Alle sind alarmiert, und alle sollen so tun, als ob nichts wäre – nach diesem Motto verläuft das Leben in Deutschland seit den dramatischen Terrorwarnungen. Während im ganzen Land Sicherheitskräfte mit Maschinenpistolen und gepanzerten Wagen auffahren, debattieren Politiker hektisch. Und appellieren gleichzeitig an die Bürger, Ruhe zu bewahren: „Der internationale Terrorismus möchte in unserem Land Angst und Schrecken verbreiten“, sagte CDU-Innenminister Thomas de Maizière und mahnte: „Wir bleiben unserer Lebensauffassung und dem Verhalten in Freiheit in einem freien Land treu.“ Die AZ zeigt den Stand der Dinge in der Terrordebatte.
Kommen neue Gesetze?
Auf diesen Reflex hatte man warten können: Umgehend nach de Maizières Warnungen vor einem Anschlag in Deutschland noch im November ging die Debatte um verschärfte Sicherheitsgesetze los. Ganz vorne mit dabei: der Münchner CSU-Abgeordnete Hans-Peter Uhl. „Wer sich jetzt noch gegen die Vorratsdatenspeicherung wehrt, hat die Bedrohungslage nicht verstanden“, sagte der Münchner Ex-Kreisverwaltungsreferent. Ebenso flott kam das Veto der Grünen. Ein Zurück zur Massenspeicherung von Telefondaten sei „definitiv der falsche Weg“, sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast.
Was brächte ein Zurück zur Vorratsdatenspeicherung?
Die wurde im Frühjahr vom Bundesverfassungsgericht gekippt. Zuvor waren alle Kommunikationskonzerne verpflichtet, Verbindungsdaten von Telefon, SMS und Internet sechs Monate lang zu speichern (nicht aber deren Inhalte). So können Sicherheitskräfte im Bedarfsfall schnell feststellen, wer mit wem Kontakt hatte. Gegen einer Neuauflage sperrt sich vor allem die FDP. Aber auch mehrere SPD-Länderinnenminister sprachen sich gestern für die Speicherung aus – ebenso wie die Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch. Ein „Maximum an Sicherheit“ müsse Vorrang vor dem Datenschutz haben.
Wie reagieren die Innenminister?
Gestern trafen sich alle Innen- Ressortschefs aus Bund und Ländern in Hamburg – das war schon länger geplant, wurde aber ungeahnt aktuell. De Maizièrewarnte eigens davor, auf der Terrordebatte politische Süppchen zu kochen. Zugleich schlossen die Länder- Innenminister über die Parteigrenzen hinweg ihre Reihen. Man werde sichnicht auseinanderdividieren lassen, sagte der Gastgeber, Hamburgs Innensenator Heino Vahldieck (CDU): „Wir sind uns in dieser Frage völlig einig. Bund und Länder stehen zusammen und werden dieser Gefahr gemeinsam trotzen.“
Welche Sicherheitsregeln gelten jetzt?
Alle seit der neuen Terrorwarnung am Mittwoch eingeführten Zusatzkontrollen bleiben in Kraft. Dazu gehört die verstärkte Überwachung der großen Bahnhöfe und Flughäfen. Auch andere Massentreffpunkte werden gesichert, etwa der Reichstag. Dort stehen jetzt Absperrgitter. Großstädte seien generell gefährdeter, sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) und nannte dabei München, Berlin und Hamburg. Alarmiert sind auch die Weihnachtsmärkte: Man werde verstärkt auf verdächtige Menschen und Gegenstände achten, sagte Schausteller- Präsident Hans-Peter Arens. Auch die Deutsche Fußball Liga reagierte auf die Warnungen: Die DFL stehe im ständigen Kontakt mit dem Innenministerium, was die Sicherheit in den Stadien betreffe, hieß es.